Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bewilligung von Unfallrente durch einstweiligen Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz ist nach § 86b Abs. 2 SGG die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Zur Bewilligung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Antragsteller nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB 7 glaubhaft zu machen, dass seine Erwerbsfähigkeit wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert ist.
3. Die Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrundes erfordert die Darlegung, dass ihm durch eine Verweisung auf die Entscheidung in der Hauptsache schwere oder unzumutbare Nachteile entstehen.
4. Ergibt sich aus den vorhandenen Unterlagen nicht, dass die Lebensführung des Versicherten ohne die Gewährung der beantragten Unfallrente gefährdet oder beeinträchtigt wäre, so ist die Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz zu versagen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.04.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 22.04.2021 gegen den am 20.04.2021 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.04.2021 ist unbegründet.
1. Die vom Antragsteller primär begehrte Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das Sozialgerichts Dortmund wegen angeblicher Verfahrensfehler des Sozialgerichts scheidet aus, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehlt.
Es kann dahinstehen, ob das Sozialgericht, wie vom Antragsteller geltend gemacht, verfahrensfehlerhaft gehandelt hat. In jedem Fall könnte ein etwaiger Verfahrensfehler des Sozialgerichts nicht in entsprechender Anwendung von § 159 SGG, der allein als Rechtsgrundlage für das primäre Begehren des Antragstellers in Betracht kommt, zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Sozialgericht führen. Insoweit kann dahinstehen, ob die für das Berufungsverfahren geltende Vorschrift des § 159 SGG überhaupt in Beschwerdeverfahren in einstweiligen Rechtsschutzverfahren entsprechende Anwendung findet (dafür z.B. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 159 Rn. 1a m.w.N.; dagegen wohl Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 159 Rn. 5). Jedenfalls liegen die Voraussetzungen der bei Verfahrensfehlern des Sozialgerichts einschlägigen Vorschrift des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung nur dann aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn aufgrund des Verfahrensfehlers des Sozialgerichts eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall, da, wie der Antragsteller selbst auch erkennt, im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein über Rechtsfragen zu entscheiden sind. Darüber hinaus steht die Entscheidung nach § 159 SGG im Ermessen des Landessozialgerichts. In einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist eine Zurückverweisung in der Regel wegen der vorausgesetzten Eilbedürftigkeit nicht sachdienlich (Keller, a.a.O.). Auch hier ist dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers am ehesten dadurch gedient, dass das Beschwerdegericht selbst über die vom Antragsteller aufgeworfenen Rechtsfragen entscheidet.
2. Das Sozialgericht hat den Erlass der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung im Ergebnis auch zu Recht abgelehnt.
a) Der Antragsteller macht, wie sich eindeutig aus seinen Schriftsätzen vom 14.03.2021 und 17.05.2021 ergibt, im vorliegenden Eilverfahren nicht den von ihm behaupteten Anspruch auf Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010, also die endgültige Leistung, selbst geltend. Vielmehr hat er sein Begehren im Sinne von § 123 SGG klar und deutlich auf die Gewährung eines Vorschusses gemäß § 42 SGB und damit auf den Gegenstand des unter dem Az.: S 79 U 745/20 beim Sozialgericht Dortmund anhängigen Klageverfahrens, das damit das Hauptsacheverfahren zu dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bildet, beschränkt. Der Vorschuss nach § 42 SGB I stellt gegenüber der endgültigen Sozialleistung, hier der Verletztenrente nach § 56 SGB VII, ein aliud dar (vgl. BSG, Urt. v. 31.05.1989 - 4 RA 19/88 -, juris Rn. 16; Urt. v. 12.05.1992 - 2 RU 7/92 -, juris Rn. 19; Urt. v. 16.06.1999 - B 9 V 13/98 R -, juris Rn. 12; Urt. v. 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R -, juris Rn. 23 m.w.N.). Der Senat hat damit nicht über die Gewährung von Verletztenrente im Wege einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden. Vielmehr beantragt der Antragsteller nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen ausschließlich, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm einen Vorschuss gemäß § 42 SGB I auf die ihm seiner Auffassung nach wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.2010 zustehende Verletzte...