Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit. ungelernter bzw kurzfristig angelernter Arbeiter

 

Orientierungssatz

Zur Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit eines Versicherten, der nach Abbruch einer Lehre als Kfz-Lackierer verschiedene ungelernte bzw kurzfristig angelernte Tätigkeiten ausgeübt hat und noch körperlich leichte und teilweise sogar mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausüben kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.08.2000; Aktenzeichen B 13 RJ 69/99 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hat.

Der am 30.01.1955 geborene Kläger übte nach Abbruch einer Lehre als Kfz-Lackierer verschiedene ungelernte bzw. kurzfristig angelernte Tätigkeiten aus, zuletzt als Zugreiniger bei der Bundesbahn. Mit Bescheid vom 04.05.1993 gewährte ihm die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.12.1992 bis 31.12.1994. Grundlage dafür war u.a. der Entlassungsbericht der Klinik O in Z am H über ein dem Kläger vom 06.08.1992 bis 15.10.1992 gewährtes Heilverfahren. Darin vertraten die Ärzte die Auffassung, nach einer avisierten Herzschrittmacherimplantation könne der Kläger seinen bisherigen Beruf vermutlich weiter vollschichtig ausüben.

Auf den vom Kläger unter dem 02.05.1994 gestellten Antrag auf Weitergewährung seiner Rente veranlaßte die Beklagte eine Untersuchung des Klägers durch den Arzt für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. F vom Sozialmedizinischen Dienst der Bundesknappschaft in S, der in seinem Gutachten vom 27.11.1994 zusammenfassend ausführte, die Versorgung mit einem Herzschrittmacher sei inzwischen erfolgt. Ausweislich der kardiologischen Kontrolluntersuchungen funktioniere dieser einwandfrei. Ein Arbeitsversuch am Fahrradergometer habe eine kurzzeitige Belastbarkeit bis 150 Watt entsprechend schwerer Körperarbeit ergeben. Aus internistischer Sicht sei der Kläger in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung gewisser weiterer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Im Hinblick auf die Vorbefunde werde jedoch eine nervenärztliche Zusatzbegutachtung empfohlen.

Demgemäß holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie (Psychotherapie) Dr. T in R vom 15.02.1995 ein, in dem folgende Diagnosen gestellt sind: Synkopale Anfälle bei Herzrhythmusstörungen, kein Anhalt für cerebrale Krampfanfälle; psychogene Sprachstörung; hypochondrische Versagenshaltung bei einer einfach strukturierten Primärpersönlichkeit; Strabismus divergens (angeboren) sowie vegetative Übererregbarkeit. Zusammenfassend führte dieser Arzt aus, aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei festzustellen, daß beim Kläger keine wesentlichen Gesundheitsstörungen von Krankheitswert auf diesem Fachgebiet vorlägen. Versagenshaltungen seien auch bei einfach strukturierten Primärpersönlichkeiten durch zumutbare Willensanstrengungen zu überwinden. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reiniger vollschichtig verrichten. Mit Bescheid vom 06.03.1995 lehnte die Beklagte daraufhin die Weitergewährung der Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit über den 31.12.1994 hinaus ab.

Den dagegen vom Kläger unter dem 23.03.1995 erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuß der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.1995 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 02.08.1995 Klage erhoben und zur Begründung i. w. vorgetragen, er könne keine vollschichtigen Tätigkeiten mehr ausüben. Dazu hat er auf ein in Kopie vorgelegtes Gutachten des Arztes für Innere Medizin/Kardiologie Dr. B, K, vom 16.11.1993 verwiesen, das für das Sozialgericht Köln in einem Rechtsstreit des Klägers mit der Bundesbahn-BKK eingeholt worden ist.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 06.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.12.1994 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich i. w. auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der praktischen Ärztin M-J, B, vom 17.09.1995 und des Internisten Dr. H, H, vom 01.04.1996 beigezogen, und weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch/kardiologischen Gutachtens von Priv. Doz. Dr. P, Köln, vom 22.05.1996, in dem ein orthopädisches Zusatzgutachten von Dr. M-A, K, vom 21.02.1996 und ein nervenärztliches Zusatzgutachten von Dr. Dr. B, K, vom 12.12.1995 berücksichtigt sind. Der Sachverständige Priv. Doz. Dr. P hat zusammenfassend als Diagnosen einen Zustand nach Herzschrittmacherimplantation nach lediglich einmaligem Nachweis einer asystolischen Pause von 4 s während einer Ergometrie, eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Ellenbogengelenkes mit Konturvergrößerung nach operativ behandeltem Bruchschaden sowie eine einfach strukturierte Grundpersönlichkeit mit einer psychovegetativen Dysfunktion, psychoge...

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