Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Klage des Vermieters gegen den Grundsicherungsträger. öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Rechtswegbeschwerde. Kostenentscheidung bei erfolgreicher Beschwerde erst im Hauptsacheverfahren
Orientierungssatz
1. Kommt für die Klage eines Vermieters gegen den Grundsicherungsträger wegen Forderungen aus dem Mietverhältnis mit dem Leistungsberechtigten lediglich § 22 Abs 7 SGB 2 als Rechtsgrundlage in Betracht, ist hierfür der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
2. Im Fall der begründeten Rechtswegbeschwerde ist es geboten, die Entscheidung über die Kosten der Rechtswegbeschwerde der Entscheidung über die Kosten des Hauptsacheverfahrens vorzubehalten.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.10.2018 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Die Beschwerde an das Bundessozialgericht wird zugelassen.
Gründe
I.Der Kläger wendet sich gegen die Verweisung seiner Klage als Vermieter eines Leistungsempfängers gegen den Beklagten an das Landgericht X.
Der Kläger hatte an L, der beim Beklagten im Leistungsbezug stand, eine Wohnung in X, C Str. 00, vermietet. Der Beklagte erstattete auch Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Beklagte überwies die Miete iHv 350 EUR (300 EUR Kaltmiete, 50 EUR Betriebskosten) zunächst an den Leistungsempfänger.
Nachdem der Leistungsempfänger die Miete nicht an den Kläger weitergeleitet und dieser deshalb Räumungsklage erhoben hatte, teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 15.01.2016 mit, "vorerst die Gesamtmiete iHv 350 EUR" an den Kläger zu überweisen. Ab Februar 2016 überwies der Beklagte die Unterkunftskosten bis zur Zwangsräumung der Wohnung wegen erheblicher Mietrückstände im Juni 2017 an den Kläger direkt. Der Kläger meint, der Beklagte sei verpflichtet, weitere Forderungen aus dem Mietverhältnis zu erbringen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 16.10.2018 den Sozialrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht X verwiesen. Es handele sich ausschließlich um Streitigkeiten aus dem privatrechtlichen Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem ehemaligen Mieter. Unerheblich sei, dass dieser von dem Beklagten Leistungen nach dem SGB II erhalten habe.
Der Kläger hat hiergegen am 08.11.2018 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht verkenne, dass er eine Forderung gegenüber dem Jobcenter geltend mache.
II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, d.h. für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, nicht eröffnet ist (BSG Beschlüsse vom 25.10.2017 - B 7 SF 1/16 R und vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R). Ist das nicht der Fall, entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG entscheiden die Sozialgerichte über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Frage, ob eine Streitigkeit als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist, richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (BSG Beschlüsse vom 12.04.2018 - B 14 SF 1/18 R, vom 30.09.2014 - B 8 SF 1/14 R, vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R und vom 03.08.2011 - B 11 SF 1/10 R). Stellt sich der Klageanspruch nach der von dem Kläger gegebenen tatsächlichen Begründung als Folge eines Sachverhalts dar, der in besonderer Weise durch das SGB II geprägt wird und wäre ein sich hieraus ergebener Anspruch, sollte er tatsächlich bestehen, als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, so ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (BVerwG Urteil vom 19.05.1994 - 5 C 33/91; LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 21.09.2012 - L 3 AS 42/10).
Die Direktzahlung der Grundmiete und der Nebenkosten an den Kläger als Vermieter des Leistungsempfängers beruht vorliegend auf § 22 Abs. 7 SGB II in der bereits im Februar 2016 gF. Die Vorschrift bestimmt: "Soweit Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sicherge...