Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Wahlrecht des Rechtsanwalts bei der Abrechnung von Gebühren und Auslagen im Falle der Verbindung von Verfahren (hier: einstweilige Rechtsschutzverfahren). Festsetzung der Rahmengebühren. Synergieeffekte
Orientierungssatz
1. Liegen einer bei Gericht beantragten Kostenfestsetzung zwei vom Sozialgericht miteinander verbundene Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugrunde und macht der Rechtsanwalt insoweit getrennte Gebührenansprüche geltend, so ist dies von seinem Wahlrecht gedeckt.
2. In einem solchen Fall hat das Gericht bei der Festsetzung der Rahmengebühren für jeweils die einzelnen, nunmehr verbundenen Verfahren zunächst die Gebühr für eines der ursprünglich eigenständigen Verfahren wie bei einem Einzelverfahren festzusetzen. Anschließend ist bei der Festsetzung für das weitere (oder die weiteren) Verfahren neben den sonstigen Bemessungskriterien insbesondere auch zu berücksichtigen, ob und ggf in welchem Umfang sich im konkreten Einzelfall Synergieeffekte aufgrund (auch teilweiser) inhaltlicher Parallelen der (jetzt verbundenen) Verfahren, nicht zuletzt gerade auch wegen der Verbindung der Verfahren, eingestellt haben.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3 S. 1, § 56 Abs. 2 Sätze 1-3, Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 S. 1, § 45 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 2, 1 S. 1, § 48 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1 Sätze 1, 4; VV RVG Nr. § 1006; VV RVG Nr. § 1000; VV RVG Nr. § 1002; VV RVG Nr. § 3102; VV RVG Nr. § 3103
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers (und Antragstellers) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 09.10.2014 wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 09.10.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die im eigenen Namen und zudem für den Antragsteller beschwerdeführende Bevollmächtigte begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung aus der Landeskasse nach dem RVG für ihr Tätigwerden in zwei parallel anhängig gewordenen Eilverfahren des Antragstellers vor dem Sozialgericht.
Der am 00.00.1945 geborene, alleinstehende Antragsteller ist nach mehreren Hirninfarkten und einer Herzoperation körperlich und geistig stark eingeschränkt. Die Beschwerdeführerin wurde vom Amtsgericht C zu seiner Betreuerin bestellt. Nachdem der Antragsteller erkrankungsbedingt nicht mehr in seiner Wohnung leben konnte, wurde er - unterbrochen durch stationäre Krankenhausaufenthalte - in Einrichtungen des betreuten Wohnens im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin versorgt. Dort erhielt er auch Pflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst; die Kosten hierfür beliefen sich auf knapp 4.000 EUR monatlich (Stand: März 2013). Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller zunächst laufend kostendeckende Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII.
Ende 2012 kamen zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller (bzw. der Beschwerdeführerin) Unstimmigkeiten auf, welche Betreuungsform angemessen, und in welcher Höhe insoweit Sozialhilfe zu leisten sei. Die Antragsgegnerin hielt es für möglich und zumutbar, dass der Antragsteller in ein Pflegeheim ziehe, und leitete ein "Verfahren zur Kostendeckelung" ein. Mit Bescheid vom 11.02.2013 (Überschrift "Antrag auf Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) XII") setzte sie Sozialhilfe für den Antragsteller ab dem 01.03.2013 auf 3.473,97 EUR fest. Mit weiteren Bescheiden vom 19.02.2013 und 20.02.2013 stellte sie unter Hinweis auf den Bescheid vom 11.02.2013 die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie nach den folgenden Kapiteln des SGB XII ab dem 01.03.2013 ein.
Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller noch im Februar 2013 Widerspruch ein. Am 01.03.2013 beantragte er beim Sozialgericht Detmold in zwei getrennten Verfahren, die Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihm die benötigte Hilfe zur Pflege in voller Höhe (3.956,07 EUR monatlich) zu finanzieren (erster Antrag - S 2 SO 65/13 ER), sowie, ihm auch für die Zeit ab dem 01.03.2013 laufend ergänzende Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII i.H.v. mindestens 263,34 EUR monatlich zu gewähren (zweiter Antrag - S 2 SO 64/13 ER). Nach Verbindung beider Verfahren (§ 113 SGG) verpflichtete das Sozialgericht die Antragsgegnerin, bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren betreffend die Bescheide vom 11.02.2013 und vom 19.02.2013 dem Antragsteller vorläufig Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII sowie Hilfe zum ambulant betreuten Wohnen in tatsächlicher Höhe zu leisten (Beschluss vom 18.03.2013 - S 2 SO 65/13 ER).
Mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 26.04.2013 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche gegen die Bescheide vom 11.02.2013, 19.02.2013 und 20.02.2013 zurück. Mit Bescheid vom 24.04.2013 stellte sie die Leistungen nach dem SGB XII beginnend mit den Leistungen...