Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Anordnungsgrund zur Übernahme der Kosten der Unterkunft durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist.
2. Die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Grundsicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes setzt als Anordnungsgrund den unmittelbar bevorstehenden Verlust des Wohnraums voraus. Wäre nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers eine erhobene Räumungsklage abzuweisen, so ist der für den Eilrechtsschutz erforderliche Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
3. Der notwendige Anordnungsgrund fehlt aber auch dann, wenn der Antragsteller den Wohnraumverlust zivilrechtlich nicht mehr verhindern kann. Das ist u. a. dann der Fall, wenn dessen Mietrückstände in einer solchen Höhe aufgelaufen sind, dass er nicht mehr in der Lage wäre, den entsprechenden Betrag bei Durchgreifen seines Eilbegehrens zur Abwendung der Räumung an den Vermieter zu zahlen.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.02.2012 werden zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, dem Antragsteller Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) im erstinstanzlichen Verfahren.
Der 1965 geborene Antragsteller und seine 2001 geborene Tochter stehen bei dem Antragsgegner im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft (KdU) für das vom Antragsteller und seiner Tochter bewohnte 120 qm große Einfamilienhaus, G-straße 00, H, betragen 970,00 Euro (Kaltmiete 860,00 Euro, Betriebskostenvorauszahlung 110,00 Euro) zuzüglich Heizkostenvorauszahlung an den Gasversorger (laut Gasabrechnung vom 03.01.2012: Abschlag von 50,90 Euro für September bis Dezember 2011 und 69,50 Euro seit Januar 2012). Mit Bescheid vom 12.09.2011 und 14.11.2011 sowie Widerspruchsbescheid vom 01.12.2011 übernahm der Antragsgegner unter Hinweis darauf, dass das vom Antragsteller bewohnte Haus unangemessen groß bzw. teuer sei, ab 01.10.2011 nur noch KdU in Höhe von 435,80 Euro. Als angemessen wären im Gebiet der Gemeinde H für den Antragsteller und seine Tochter Mietaufwendungen bis 288,00 Euro (4,80 Euro x 60 m²) anzusehen.
Der Antragsteller hat am 21.11.2011 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf Eilantrag auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 sowie einen Antrag auf Gewährung von PKH gestellt. Ihm sei ein Umzug nicht zumutbar, dies zum Einen, weil es in der Gemeinde H als Ergebnis einer mehrmonatigen Beobachtung des Wohnungsmarktes keine Wohnungen gebe, die den Kriterien des Antragsgegners genügen würden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass er seine knapp 11jährige Tochter allein erziehe und deshalb in mehrfacher Hinsicht ein Härtefall vorliege. Auch der vom Antragsgegner als angemessen angesehene Mietzins sei fehlerhaft. Seine Bedarfsgemeinschaft habe Anspruch auf 80qm Wohnfläche (50qm + 15qm für die 2. Person + 15qm Alleinerziehend) statt nur auf 60 qm. Im Übrigen ließen die Ausführungen des Antragsgegners zum Quadratmetermietpreis ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht erkennen.
Am 05.01.2012 hat der Vermieter des Antragstellers gegen diesen Räumungsklage beim Amtsgericht Kempen erhoben und Zahlungsrückstände von 5.776,53 Euro (August 2011: 926,53 Euro, September 2011 bis Januar 2012 je 970,00 Euro) geltend gemacht. In einem Erörterungstermin des Sozialgerichts am 20.01.2012 hat der Antragsteller erklärt, seit Oktober 2011 keine Zahlungen mehr an den Vermieter geleistet zu haben, weil er mit einer erheblichen Nachzahlung für Energiekosten gerechnet habe.
Das SG hat den Eilantrag des Antragstellers und den Antrag auf Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 28.02.2012 abgelehnt. Der Eilantrag sei unbegründet, da der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die Kosten der Unterkunft des Antragstellers seien offensichtlich unangemessen. Die vom Antragsgegner als angemessen erachtete Höhe der angesetzten Kaltmiete von 60 qm à 4,80 Euro stelle sich im Rahmen der summarischen Prüfung als angemessen dar. Eine Anspruchsgrundlage für eine deutlich größere Wohnung (80 qm) könne die Kammer nicht erkennen. Der Antragsgegner habe auch Wohnungsangebote vorgelegt, die die von ihm genannten Angemessenheitskriterien erfüllten. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass eine Kostenreduzierung zum 01.10.2011 nicht möglich gewesen sei. Für die Zeit vor Eingang des Eilantrags (21.11.2011) fehle dem Eilbegehren darüber hinaus der Anordnun...