Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. Streitigkeit über den Umfang der einem Krankenhausträger von der Kassenärztlichen Vereinigung erteilten Ermächtigung
Orientierungssatz
1. Nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 53 Abs 3 Nr 1, § 52 Abs 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwerts nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist dessen Interesse am Ausgang des Verfahrens.
2. Greift der Krankenhausträger als Kläger den Umfang der ihm erteilten Ermächtigung an und macht er insoweit eine Erhöhung der Fallzahl sowie den Wegfall der von der Kassenärztlichen Vereinigung angeordneten Zugangsbeschränkung geltend, so ist es in Anlehnung an die Streitwertbemessung in Zulassungsverfahren geboten, den Streitwert entsprechend einem Zeitraum von drei Jahren festzusetzen. Dieser ist gemäß § 52 Abs 4 GKG auf die Höchstsumme von 2,5 Mio Euro zu begrenzen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Bevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 18.04.2011 abgeändert und der Streitwert für den Rechtsstreit S 7 KA 2/08 auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Im Klageverfahren S 7 KA 2/08 war zwischen den Beteiligten die Umsetzung des Bescheidungsurteils des Sozialgerichts Aachen vom 15.07.2004 (S 7 KA 4/03) mit Beschluss des Beklagten vom 23.01.2008 streitig. Das Sozialgericht verurteilte den Beklagten am 05.11.2010 erneut zur Neubescheidung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 30.10.2002, mit dem die Klägerin zur ambulanten ärztlichen Behandlung der gesetzlich Versicherten ab 01.01.2003 ermächtigt und der von der Klägerin monierte Umfang dieser Ermächtigung (Beschränkung der Anzahl der Versicherten auf 13.124 und des Zugangs auf Überweisung) festgelegt wurde.
Mit Beschluss vom 18.04.2011 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 1 Mio. EUR fest gesetzt und dafür - ausgehend von den Bruttoeinnahmen der Hochschulambulanz für das Jahr 2010 i.H.v. (4 x 13.125 x 92,84 EUR =) 4.874.100,00 EUR - "für den streitgegenständlichen Zeitraum" einen Ertrag von rund 2 Mio. EUR abzüglich Kosten von pauschal 50 % zugrunde gelegt.
Mit der Beschwerde macht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend, der streitgegenständliche Zeitraum belaufe sich auf zwischenzeitlich mehr als acht Jahre, woraus ein Streitwert von über 19 Mio. EUR resultiere. Der Grenzbetrag i.H.v. 2,5 Mio. EUR werde auch unter Berücksichtigung der vom Sozialgericht zugrunde gelegten Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21.12.1995 (6 Rka 7/92), wonach der Streitwert i.H.d. dreifachen Bruttoeinnahmen abzüglich des 50 %igen Abschlags festzusetzen sei, erreicht. Selbst wenn nur das Bruttoeinnahmevolumen für das Jahr 2010 zugrunde gelegt werde, ergäbe sich unter Berücksichtigung des Abschlags zumindest ein Streitwert i.H.v. 2.437.050,00 EUR.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Streitwert unter Aufhebung der Streitwertfestsetzung vom 18.04.2011 auf 2.500.000,00 EUR, hilfsweise auf 2.437.050,00 EUR festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Berechnungen des Sozialgerichts seien in jeder Hinsicht angemessen und sachgerecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Die Ausnahmevorschritten der §§ 68 Abs. 2 Satz 7, 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), wonach über die Streitwertbeschwerde der Einzelrichter entscheidet, sind im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden (vgl. mit ausführlicher Begründung Beschluss des Senats vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -; im Anschluss an diese Entscheidung ebenso Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 23.02.2010 - L 22 R 963/09 - und vom 05.10.2011 - L 27 P 23/11 B -).
Die auf die Festsetzung eines höheren Streitwerts gerichtete und damit erkennbar eigenen Namens eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist nach § 32 Abs. 2 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 68 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 2 (GKG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR erreicht (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und die Beschwerde innerhalb der in § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG festgelegten Frist eingelegt worden.
Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat den Streitwert unzutreffend auf 1 Mio. EUR festgesetzt.
Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 26.03.2003 - L 10 B 2/03 KA -, vom 13.08.2003 - L 10 B 10/03 KA ER - und vom 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -, std. Rspr. des Senats, u...