Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. vorläufiger Rechtsschutz. Abwehr der Veröffentlichung eines Transparenzberichts nach § 115 Abs 1a SGB 11
Orientierungssatz
Zum vorläufigen Rechtsschutz zur Abwehr der Veröffentlichung eines Transparenzberichts über einen ambulanten Pflegedienst nach § 115 Abs 1a SGB 11.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.06.2016 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung des Inhalts, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Veröffentlichung des Transparenzberichtes über den ambulanten Pflegedienst der Antragstellerin aufgrund der MDK-Prüfung vom 08.12.2015 über die Internetportale der Antragsgegner - oder in sonstiger Weise - zu unterlassen, zu Recht abgelehnt.
Vorläufiger Rechtsschutz zur Abwehr der Veröffentlichung eines Transparenzberichts kann nur über den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erreicht werden. Weder in der Ankündigung der Veröffentlichung noch in dem Transparenzbericht oder der Veröffentlichung selbst ist ein Verwaltungsakt zu sehen. Dazu fehlt es an einer verbindlichen Regelung der Rechtslage gegenüber der Antragstellerin (vgl. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Die Pflicht der Pflegeeinrichtung, die Veröffentlichung zu dulden, folgt unmittelbar aus dem Gesetz (§ 115 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)) und nicht aus der als Realakt zu qualifizierenden Veröffentlichung oder ihrer Ankündigung (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.10.2010, L 4 P 12/10 B ER; Sächsisches LSG, Beschluss vom 24.02.2010, L 1 P 1/10 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss v. 30.03.2010, L 2 P 7/10 B ER, jeweils zitiert nach juris). Die Pflicht zum Handeln nach bestimmten Vorgaben ergibt sich für den Träger der Pflegeeinrichtung dagegen erst aus dem späteren Maßnahmebescheid nach § 115 Abs. 2 Sozialgesetzbuch SGB XI.
Eine Sicherungsanordnung kann nur ergehen, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Nach § 86b Abs. 2 S.1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die sogenannte Sicherungsanordnung dient der Bewahrung des Status quo. Die Veränderung eines bestehenden Zustandes soll wenigstens vorläufig verhindert werden, indem der Antragsgegner zur Unterlassung der Veränderung verpflichtet wird. Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht des Antragstellers, für das vorläufiger Rechtsschutz beantragt wird. Der Anordnungsgrund liegt bei der Sicherungsanordnung in der Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes. Wenn die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden, so dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen ist. Ist die Klage offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen Erfolg hätte. Bei der Interessenabwägung ist insbesondere eine drohende Verletzung von Grundrechten und deren Intensität zu berücksichtigen, aber auch sonstige Kriterien wie beispielsweise die wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. zum Ganzen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl. 2014, SGG, § 86b Rn. 27a ff.). Daher stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung des begehrten Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG verlangt jedenfalls vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss v...