Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Scheitern die zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung zwischen dem SGB 2-Leistungsberechtigten und dem Grundsicherungsträger geführten Verhandlungen, so hat der Grundsicherungsträger regelmäßig einen Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB 2 zu erlassen. Der zulässige Regelungsgehalt bestimmt sich nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB 2.
2. Darin kann der erwerbsfähige Hilfebedürftige dazu verpflichtet werden, jede zumutbare Tätigkeit i. S. von § 10 SGB 2 anzunehmen. Zumutbar ist die Aufnahme jeder Arbeit, unabhängig von schulischer und beruflicher Bildung, die ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Hinblick auf seine Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen erfüllen kann und darf.
3. Die vom Leistungsberechtigten abverlangten Eigenbemühungen müssen im Eingliederungsverwaltungsakt hinreichend bestimmt sein.
4. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes verstößt nicht gegen die in Art. 2 GG garantierte Vertragsfreiheit. Er schränkt die freie Berufswahl bzw. -ausübung des Art. 12 GG nicht rechtswidrig ein.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23.10.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II über den 23.06.2015 hinaus.
Der Antragsteller ist im Wege der Eingliederungsvereinbarung, erlassen durch Verwaltungsakt am 19.06.2015 verpflichtet worden, an der Maßnahme "Perspektive 50plus" teilzunehmen, beginnend am 15.07.2015 bei der Gesellschaft für Arbeitsmarktförderung GmbH & Co KG, C 00 in C. Der Antragsteller ist hierzu nicht bereit, weil es sich nach seiner Ansicht nach um eine überflüssige Maßnahme handelt, da er vom 09.07.2014 bis 08.01.2015 bereits an einem ähnlichen Programm (Perspektive 50plus") durch den Maßnahmeträger Internationaler Bund GmbH G teilgenommen hat. Vor diesem Hintergrund wehrt sich der Antragsteller gegen die Verpflichtung, an einer gleichartigen Maßnahme noch einmal teilzunehmen.
Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 23.10.2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2015 insoweit angeordnet, als der angefochtene Bescheid Geltung für die Zeit vom 19.06. bis 23.06.2015 beansprucht. Im Übrigen hat es den Antrag des Klägers abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 23.10.2015 zugestellten Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte am 06.11.2015 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die Entscheidung des Sozialgerichts Köln abzuändern und die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die als Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarung vom 19.06.2015 über den 23.06.2015 hinaus anzuordnen. Ferner wird beantragt, dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren.
II.
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdeausschluss des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG greift nicht ein, da die Berufung gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt nicht beschränkt ist.
Die Beschwerde ist unbegründet. Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung anordnen. Die Klage hat nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, da durch den angefochtenen Bescheid als sog. Eingliederungsverwaltungsakt i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II die Leistungen des Antragsgegners zur Eingliederung in Arbeit und die entsprechenden Pflichten des Antragsstellers geregelt werden (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Regelung des § 39 SGB II in Bezug auf einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt BVerfG, Beschluss vom 30.10.2009 - 1 BvR 2395/09 -).
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse), mit dem Vollzugsinteresse vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. In der Regel überwiegt das Vollzugsinteresse, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat (vgl. BSG, Beschluss vom 29.08.2011 - B 6 KA 18/11 R - Rdnr. 12).
Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers. Der angefochtene Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte rechtmäßig.
Der Antragsgegner ist berechtigt gewesen, ...