Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss eines Anspruchs auf Zusicherung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme der Kosten der Unterkunft für die neue Wohnung durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz ist das vom Antragsteller geltend gemachte Recht sowie die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln, glaubhaft zu machen.

2. Begehrt der Antragsteller die Zusicherung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Kosten der Unterkunft einer neuen Wohnung nach § 22 Abs. 4 SGB 2 durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, so fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund, weil die Erteilung der Zustimmung keine notwendige Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrags darstellt.

3. Dem Leistungsberechtigten ist es auch ohne die Zusicherung des Leistungsträgers tatsächlich und rechtlich möglich, die von ihm begehrte Wohnung anzumieten. Die Zusicherung ist keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der angemessenen Kosten der neuen Unterkunft. Das Zusicherungsverfahren hat ausschließlich Warnfunktion, um zu verhindern, dass der Leistungsberechtigte eine neue Wohnung mietet, deren unangemessene Kosten der Leistungsträger nicht übernimmt, vgl. BSG, Urteile vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R und vom 30. August 2010 - B 4 AS 10/10 R.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.11.2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Eilverfahren, in dem die Antragsteller die Zusicherung zur Übernahme von Kosten der Unterkunft einer neuen Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrten.

Die 1982 geborene Antragstellerin zu 1) und ihre Tochter, die 2007 geborene Antragstellerin zu 2), stehen bei dem Antragsgegner im Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnten zunächst eine 69 qm große Dreizimmerwohnung in der E-Straße 00 in E zu einem Gesamtmietpreis einschließlich Nebenkosten von 396,60 Euro. Am 04.09.2012 teilte die damals schwangere Antragstellerin zu 1) telefonisch mit, dass sie umziehen wolle und bat um Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung. Hierzu legte sie eine Vermieterbescheinigung über eine 76,75 qm große Dreizimmerwohnung in der L-straße 00 in E zu einem Gesamtmietpreis einschließlich Nebenkosten von 528,60 Euro monatlich vor. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05.09.2012 ab, da ausreichender Wohnraum für drei Personen vorliege. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 13.09.2012 Widerspruch. Sie sei hochschwanger und der Geburtstermin für Anfang November ausgerechnet. Die Wohnung in der E Straße habe sie bereits gekündigt. Diese Wohnung habe ein Wohn- und ein Schlafzimmer sowie ein Kinderzimmer von nur 5 qm Größe. Ein weiteres Kind könne im Kinderzimmer nicht untergebracht werden, der Umzug sei daher erforderlich.

Am 18.09.2012 haben die Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Duisburg Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung gestellt und begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antrag auf Kostenübernahme zum Umzug zuzustimmen sowie Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen.

Am 25.09.2012 hat der Ermittlungsdienst des Antragsgegners die Wohnung in der E Straße überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es möglich sei, das sehr große Schlafzimmer (26 qm) in ein Kinderzimmer für zukünftig zwei Kinder umzugestalten. Die Kleiderschränke könnten dort stehen bleiben und die Antragstellerin in das jetzige Kinderzimmer umziehen. Lediglich das Doppelbett würde nicht passen.

Der Antragsgegner hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2012 zurückgewiesen, da der Umzug nicht erforderlich sei. Die derzeitige Wohnung sei auch unter Berücksichtigung der Geburt eines weiteren Kindes als angemessen anzusehen, da sie ggf. mit neuer Raumaufteilung, ausreichend Wohnraum für 3 Personen biete.

Mit Beschluss vom 05.11.2012 hat das SG Duisburg den Eilantrag der Antragsteller zurückgewiesen und die Bewilligung von PKH abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Zunächst sei bereits zweifelhaft, ob die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II überhaupt selbständig gerichtlich eingeklagt werden könne. Es spreche einiges dafür, dass Gegenstand einer Klage oder eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens allein die Gewährung der tatsächlichen Unterkunftskosten der neuen Wohnung sein könne (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 17.01.2011 - L 6 AS 1914/10 B). Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 SGB II nicht vor, weil der gewünschte Umzug nicht erforderlich sei. Es fehle an einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund, die derzeitige Wohnung zu verlassen und in die den Antragstellern angebotene Wohnung umzuziehen. Ein wirtschaftlich denkender Nichtleistungsempfänger würde sich bei Abwägung für den Verbleib in der bisherigen Wohnung entscheid...

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