Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Beweisverfahren. kein Ablehnungsgrund eines Sachverständigen. Besorgnis der Befangenheit. Tätigkeit im berufsgenossenschaftlichen Verwaltungsverfahren
Orientierungssatz
Die Tätigkeit eines Arztes als Gutachter in einem berufsgenossenschaftlichen Verwaltungsverfahren begründet für sich keine Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit als Sachverständiger in einem sozialgerichtlichen Verfahren.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.08.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Hauptsacheverfahren verfolgt der Kläger einen Anspruch auf höhere Rente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Das Sozialgericht (SG) ernannte Dr. S zum Sachverständigen (Beweisanordnung vom 21.07.2005) und übersandte dessen Gutachten (20.10.2005) der Bevollmächtigten des Klägers mit der Anfrage, ob die Klage zurückgenommen werde (Schreiben vom 03.11.2005). Nach Bitte um Fristverlängerung (28.11.2005) legte die Bevollmächtigte des Klägers Stellungnahmen von Prof. Dr. I (28.12.2005) und Dr. X (23.12.2005) vor und vertrat die Auffassung, Dr. S habe sein Gutachten mangelhaft erstattet (10.01.2006). Zugleich bat sie, mitzuteilen, ob der Gutachter als Vertragsarzt für die Berufsgenossenschaften tätig sei. Das SG holte eine ergänzende Stellungnahme von Dr. S (16.02.2006) ein, die es der Bevollmächtigten des Klägers mit dem Zusatz übersandte, es sei nicht beabsichtigt, von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen (01./02.03.2006). Es verlegte den zum 09.05.2006 geladenen Termin auf Bitte der Bevollmächtigten des Klägers. Nach erneuter Ladung (27.04.2006) zum 30.05.2006 führte die Bevollmächtigte des Klägers aus, Dr. S habe nicht geklärt, ob er in vertraglicher Beziehung zur Beklagten gestanden habe oder stehe. Insoweit werde gebeten, den Gutachter um ergänzende Stellungnahme zu bitten. Es werde darauf hingewiesen, dass in der Person des Sachverständigen liegende Gründe für eine Ablehnung des Sachverständigen erfüllt seien, wenn dieser bereits früher als Privatgutachter für eine Partei tätig geworden sei. Darüber hinaus beständen Bedenken gegen die Qualifikation des bestellten Gutachters, da sich aus den Angaben zur Person ergebe, dass er sich im Ruhestand befinde. Darüber hinaus werde der falsche Ansatz des Gutachtens gerügt (08.05.2006).
Im Verhandlungstermin am 30.05.2006 erklärte die Bevollmächtigte des Klägers, sie halte Dr. S für befangen und stelle "hier einen entsprechenden Befangenheitsantrag". Zur Begründung verwies sie auf den Schriftsatz vom 03.05.2006. Das SG holte eine Stellungnahme von Dr. S ein. Dieser teilte mit, er sei gelegentlich als Beratungsarzt für die Bau-Berufsgenossenschaft, nicht jedoch für die im Verfahren beklagte Verwaltungs-Berufsgenossenschaft tätig und äußerte sich zu dem Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers (21.06.2006). Nach weiterer Stellungnahme der Bevollmächtigten des Klägers (10.07.2006) sah das SG das Gesuch des Klägers, Dr. S wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als nicht begründet an (Beschluss vom 30.08.2006, zugestellt am 04.09.2006).
Mit der am 04.10.2006 eingelegten Beschwerde vertritt der Kläger weiter die Auffassung, eine Tätigkeit des Sachverständigen für die Seite der Berufsgenossenschaften allein genüge, um die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen. Die Tätigkeit für eine Berufsgenossenschaft sei für den unbefangenen Betrachter gleich zu setzen mit der Tätigkeit für die Berufsgenossenschaften insgesamt. Nach der Tätigkeit für "eine der Parteien" könne er nicht mehr objektiv urteilen. Für Folgeaufträge der Berufsgenossenschaften könne er sich nur dadurch empfehlen, dass er für diese eher günstige Gutachten abliefere. Nach Nichtabhilfeentscheidung des SG (Beschluss vom 05.10.2006) trägt der Kläger ergänzend vor, da seitens der Berufsgenossenschaften Folgeaufträge vergeben werden, könne eine innerliche Unabhängigkeit des Sachverständigen nicht mehr vorliegen. Dieser habe sich in seiner Stellungnahme vom 21.06.2006 inhaltlich mit dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten befasst und auch hier wieder einseitig Partei für die Beklagte des Verfahrens ergriffen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde bereits deshalb unbegründet ist, weil der Kläger den Ablehnungsantrag nicht rechtzeitig gestellt hat. Gemäß § 406 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 118 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der einen Sachverständigen betreffende Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Anhal...