Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Leistungen der Unterkunft für einen Unionsbürger und dessen Angehörige durch einstweiligen Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Soweit Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern nach § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG i. V. m. den Vorschriften des AufenthG zu prüfen sind, ist es unerheblich, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erteilt worden ist (BSG Urteil vom 30. 1. 2013, B 4 AS 54/12 R). Entscheidend ist allein, ob ihm ein solcher Titel zu erteilen wäre. Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG genannten Unionsbürger haben das Recht zum Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Damit ist eine gleichzeitige Einreise nicht erforderlich. Erfasst ist auch der spätere Nachzug.
2. In Verfahren des Eilrechtschutzes ist zu den Bedarfen der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Dazu gehört es u. a., den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 14.09.2017 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Form des Regelbedarfs sowie der Bedarfe der Unterkunft und Heizung ab dem 01.09.2017 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch für sechs Monate, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen sowie vorläufig 3.420 EUR zuzüglich weiterer bis 31.08.2017 offener Mietzinsen der U L GmbH zur Abwendung der Räumungsklage zu zahlen. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung der Rechtsanwaltskanzlei A bewilligt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab Einleitung des gerichtlichen Verfahrens am 01.09.2017.
Die im 00.00.1995 geborene Antragstellerin zu 1) sowie der am 00.00.1996 geborene Antragsteller zu 2) sind die Eltern der am 00.00.2014 geborenen Antragstellerin zu 3) und des am 00.00.2016 geborenen Antragstellers zu 4). Die Antragsteller zu 1) und 2) sind nicht miteinander verheiratet. Sie sind rumänische Staatsangehörige und halten sich seit 2013 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die Eltern der Antragstellerin zu 1) leben ebenfalls in Deutschland und beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Für die Zeit vom 28.03.2017 bis zum 31.05.2017 erhielten die Antragstellerin zu 1) sowie die Antragsteller zu 3) und 4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Regelbedarfs unter Berücksichtigung des Kindergeldes als anzurechnendes Einkommen aufgrund eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (LSG NRW Beschluss vom 27.07.2017, L 21 AS 782/17 B ER). Die Antragstellerin zu 1) könne sich in der Zeit von November 2016 bis Dezember 2016 auf ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin berufen; für weitere sechs Monate wirke das Aufenthaltsrecht fort.
Die Vermieterin der Antragstellerin zu 1) und des Antragstellers zu 2) erhob am 25.07.2017, diesen zugestellt am 25.08.2017, beim Amtsgericht L Räumungsklage. Zur Begründung führte die Vermieterin aus, diese hätten seit Mietvertragsbeginn keinerlei Mietzahlungen geleistet. Die Mietrückstände beliefen sich auf 3.420,00 EUR.
Am 01.08.2017 stellten die Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 24.08.2017 ab und führte zur Begründung aus, die Antragsteller hielten sich ausschließlich zur Arbeitsuche in Deutschland auf, weshalb sie von der Leistungsgewährung ausgeschlossen seien. Hiergegen erhoben die Antragsteller unter dem 01.09.2017 Widerspruch.
Die Antragsteller haben am 01.09.2017 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Köln gestellt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, sie hätten nicht allein ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitsuche. Vielmehr sei die Antragstellerin zu 1) als Familienangehörige ihres Vaters gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt, da ihr Vater monatlich Unterhalt in Höhe von 100 EUR leiste. Der Antragsteller zu 2) habe als sorgeberechtigter Vater der Antragstellerin zu 3) und des Antragstellers zu 4) ein Umgangsrecht mit diesen und könne hieraus ein Aufenthaltsrecht ableiten.
Der Antragsgegner hat zur Begründung ausgeführt, dass die Antragstellerin zu 1) weder Arbeitnehmerin noch S...