Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer Druckschädigung der Nerven als Berufskrankheit nach Nr. 2106 BKV
Orientierungssatz
1. Die Anerkennung einer berufsbedingten Druckschädigung der Nerven als Berufskrankheit nach Nr. 2106 BKV setzt voraus, dass der Versicherte infolge versicherter Tätigkeit eine Druckschädigung der Nerven erlitten hat. Die Tatbestandsmerkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkung und Krankheit müssen i. S. des Vollbeweises vorliegen.
2. Bei durch Druckschädigungen von Nerven verursachten Nervenläsionen erscheinen typischerweise auffällige elektromyographische und elektroneurographische Befunde, u. a. eine herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit.
3. Allein aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung von Erkrankungen nicht automatisch auf das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen einer Berufskrankheit geschlossen werden. Vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (BSG Urteil vom 23. 4. 2015, B 2 U 10/14 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.08.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 2106 (BK 2106) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Druckschädigung der Nerven - sowie ein darauf gegründeter Anspruch auf Verletztenrente nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Der 1952 geborene Kläger war in Bosnien-Herzegowina - nach der Ausbildung zum Maschinenschlosser - vom 21.07.1971 bis 24.11.1971 laut seinen Angaben in einem Bergwerk unter Tage mit Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten beschäftigt. Nach dem Wehrdienst als Telegrafist verrichtete er ab dem 01.03.1973 bei der Firma S zunächst die gleichen Arbeiten wie zuvor. Ab April 1974 war er bei dieser Firma im Auftrag der Firma U im deutschen Steinkohlenbergbau mit Arbeiten im Streckenvortrieb befasst. Die Firma U übernahm die Mitarbeiter der Firma S ab 01.11.1983. Seine Tätigkeit gab der Kläger im Dezember 2003 auf.
Wegen der Folgen von Arbeitsunfällen (09.06.1984, 06.02.1988 und 06.12.2003) sowie wegen weiterer BKen (BK 2301, BK 4101, BK 4102, BK 4111, BK 2102, BK 2103, BK 2104, BK 2108, BK 2109, BK 2110, BK 2112) sind/waren weitere Verwaltungs- und Gerichtsverfahren auch betreffend die Überprüfung bindend ablehnender Bescheide gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anhängig.
Mit einem Schreiben vom 11.03.2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe im Januar 2013 einen "Antrag gestellt auf Berufskrankheit Liste Nr. 2106". Die Beklagte lehnte nach Eingang von Unterlagen betreffend die Tätigkeiten des Klägers und Vorlage eines Berichtes der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie C2 (26.02.2013) gestützt auf eine Stellungnahme des Leiters des Präventionsbereichs C1 (30.07.2013) das Vorliegen einer BK 2106 mit der Begründung ab, der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die zur Verursachung einer BK geeignet gewesen seien. Ansprüche auf Leistungen - auch gemäß § 3 BKV - bestünden nicht (Bescheid vom 29.08.2013).
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, bei ihm lägen sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen einer BK 2106 vor. "N. tibialis und N. ulnaris" seien beschädigt.
Nach Rücksprache mit Kollegen korrigierte Herr C1 seine frühere Stellungnahme und führte aus, der Anteil der Tätigkeiten, bei denen der Kläger unter beengten räumlichen Verhältnissen kniend oder mit aufgestützten Ellenbogen gearbeitet habe, sei höher einzuschätzen als zunächst angenommen. Dieser sei einer Gefährdung im Sinne der BK 2106 ausgesetzt gewesen, zuletzt Ende 2003 (Stellungnahme vom 17.10.2013).
Die Beklagte zog Unterlagen aus dem Verfahren betreffend die BK 2103 (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) bei. In diesem Verfahren vertrat Dr. B in einem Gutachten (08.04.2013) die Auffassung, dass bei dem Kläger bestehende Schadensbild sei "ausschließlich der BK 2103 zuzuordnen". Dr. C meinte, die "Zuerkennung einer BK 2103" sei gerechtfertigt, er empfehle eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 % (Beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.05.2013).
Auf Nachfrage der Beklagten ergänzte der Kläger, bei ihm seien "fast alle Nerven getroffen HWS, LWS, Schulter, Ellenbogen, Handgelenke und vor allem Kniegelenke". Die Nervenschäden und deren Ursachen müssten aufgeklärt werden. Dazu legte er einen Arztbericht von Prof. Dr. U (23.10.2012) vor, in dem dieser als Diagnose beschrieb: "V. a. CTS bds., V. a. Sulcus ulnaris-Syndrom bds.". Die Ärztin C2 übersandte einen EMG-Befund vom 25.02.2013, der ihrer Beurteilung nach für eine Irritation des Nervus ulnaris links im Bereich d...