Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Vertragsarztes auf höhere Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen

 

Orientierungssatz

1. Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütung an die Vertragsärzte getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind nach § 87 b Abs. 2 SGB 5 arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina (RLV) festzulegen. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist mit abgestaffelten Preisen zu vergüten.

2. Das von den Partnern der Gesamtverträge zu beachtende gesetzliche Gebot, ärztliche Leistungen angemessen zu vergüten, begründet kein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf ein höheres Honorar für die von ihm erbrachten Leistungen. Das ist erst dann der Fall, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in einer Arztgruppe und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird, vgl. BSG, Beschluss vom 11. März 2009 - B 6 KA 31/08 B, sowie BSG, Urteil vom 23. Juni 2010 - B 6 KA 4/09 R.

3. Betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte aus den Praxen einzelner betroffener Ärzte oder Arztgruppen sind nicht geeignet, die vermeintlich zu niedrige EBM-Bewertung einzelner Leistungen zu Fall zu bringen, vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 30/03 R.

4. Bei der Prüfung, ob normative Regelungen der Honorarverteilung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen, ist primär auf die generelle Situation der betroffenen Arztgruppe und nicht auf die Ertragssituation einer einzelnen vertragsärztlichen Praxis abzustellen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 449/82.

5. Auch der aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit stützt keinen Anspruch auf höheres Honorar des einzelnen Vertragsarztes.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 21.07.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 51.450,60 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Vergütung polysomnographischer Leistungen.

Die Antragstellerin ist eine aus zwei Mitgliedern bestehende Berufsausübungsgemeinschaft. Deren Gesellschafter Dr. C (im Folgenden Gesellschafter zu 1)) und Dr. I (im Folgenden Gesellschafter zu 2)) sind beide als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Pneumologie niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung in C zugelassen. Die Antragsgegnerin erteilte ihnen die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von Polysomnographien gemäß Nr. 30901 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM).

Die Polysomnographie ist zum 01.04.2005 durch Beschluss des Bewertungsausschusses in den EBM 2000 plus als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden und im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin ab diesem Zeitpunkt bis einschließlich dem Quartal IV/2008 extrabudgetär mit einem mit den Krankenkassen fest vereinbarten Punktwert von 4,5 Cent vergütet worden. Mit der Einführung von Regelleistungsvolumina (RLV) als Honorar begrenzendes Mengensteuerungsinstrument infolge der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung zum 01.01.2009 wurde diese Leistung aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) mit 313,26 EUR ohne Mengenbegrenzung vergütet. Das dafür notwendige Geld stammte aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich vor Aufteilung in die einzelnen Arztgruppentöpfe. Wegen der nach Einführung der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung festgestellten Mengenentwicklung bei den innerhalb der MGV frei vergüteten Leistungen hat der Bewertungsausschuss am 26.03.2010 (Teil F des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V) beschlossen, ab dem Quartal III/2010 alle vertragsärztlichen Leistungen durch Einführung qualifikationsgebundener Zusatzvolumina (QZV) einer Mengenbegrenzung zu unterwerfen und hierzu vorgegeben, wie die für die Vergütung der bis dahin unbegrenzt abrechenbaren Leistungen zur Verfügung stehende Geldmenge zu berechnen ist. Die Bestimmungen des Bewertungsauschusses über die Grundsätze der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen, insbesondere über die arztpraxisbezogene Zuweisung der RLV und QZV (Ziff. 1.3), sowie die Regelungen über die von diesen Steuerungsinstrumenten betroffenen Ärzte, Leistungen und Fälle (Ziff. 2) und über die Festsetzung der RLV und QZV (Ziff. 3) sind im Wesentlichen inhalts-, zum Teil sogar wortgleich in die Vereinbarungen über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen auf der Grundlage der regionalen Euro-Gebührenordnung in Verbindung mit RLV für die Quartale III und und IV/2010 (Vereinbarung vom 21.05.2010) und I bis IV/2011 (Vereinbarung vom 15.11.2010) gemäß § 87 Abs. 4 Sa...

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