rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständiger. Vergütung. Honorargruppe. Schwierigkeitsgrad. Berufskrankheit. Zusammenhangsgutachten. Beschwerdeverfahren. Reformatio in peius

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Schwierigkeitsgrad eines Gutachtens wird nicht durch das Fachgebiet bestimmt, in dem es erstattet wird, sondern durch den konkreten Gegenstand, also die Fragestellung des Gutachtens.

2. Zusammenhangsgutachten zu Berufskrankheiten können unter den Begriff „beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtung” in der Definition der Honorargruppe M 2 fallen. Entscheidend für die Zuordnung zur Honorargruppe M 2 oder M 3 ist der Schwierigkeitsgrad des Gutachtens.

3. Teilt der Sachverständige die Gesamtzahl der Anschläge weder im Festsetzungs- noch im Beschwerdeverfahren mit, ist diese zu schätzen. Erfahrungsgemäß benötigt ein Sachverständiger für Diktat und Korrektur von etwa sechs Textseiten eine Stunde.

4. Der Kostenrichter ist wegen des im Beschwerdeverfahren geltenden Verschlechterungsverbotes nur gehindert, den Endbetrag der Vergütung zu Ungunsten des Sachverständigen abzuändern. An die Höhe der einzelnen Rechnungspositionen ist er nicht gebunden. Dies gilt auch dann, wenn sie vom Sachverständigen nicht angegriffen wurden.

 

Normenkette

JVEG § 9 Abs. 1, § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

SG Gelsenkirchen (Aktenzeichen S 13 U 141/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Im Hauptverfahren ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten - BK 2102 -) streitig.

Durch Beweisanordnung vom 14.07.2004 bestellte das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Katholischen Kliniken in F, Dr. I zum Sachverständigen. Das vom Sachverständigen erstattete Gutachten vom 10.08.2004 umfasst achtzehn Textseiten. Die Seiten haben bis auf das Deckblatt und die letzte Seite 12 bis 22 Zeilen mit 63 Anschlägen, einschließlich Leerzeichen pro Zeile. Der Sachverständige stellte als Vergütung einen Betrag von 1258,99 Euro in Rechnung. Er gliederte den Betrag unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 85,- Euro wie folgt auf:

Aktenstudium 2,8 Stunden 238,- Euro Untersuchung, einschließlich Anamnese 3 Stunden 255,- Euro Beurteilung und Abfassen des Gutachtens 3 Stunden 255,- Euro Ausarbeitung, Diktat, Korrektur und erneute Durchsicht 3,2 Stunden 272,- Euro GOÄ-Kosten 27,34 Euro Schreibgebühren 38,- Euro Summe 1085,34 Euro Umsatzsteuer 173,65 Euro Gesamt 1258,99 Euro

Der Kostenbeamte legte den Entschädigungsantrag dem SG zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom 26.08.2004 setzte das SG Gelsenkirchen die Vergütung auf 878,51 Euro fest. Es ging von einem Stundensatz von 85,- Euro aus und berechnete die Vergütung wie folgt:

Gutachten 12 Stunden 720,- Euro Röntgen 27,34 Euro Schreibgebühren 10,- Euro Summe 757,34 Euro Umsatzsteuer 121,17 Euro Gesamt 878,51 Euro

Der für das Aktenstudium von 130 Seiten und die ärztliche Untersuchung des Klägers geltend gemachte Zeitaufwand von zusammen 6 Stunden biete keinen Anlass zu Beanstandungen. Anhaltspunkte dafür, dass die Stundenzahl für die Abfassung des Gutachtens und für Diktat und Korrektur übersetzt gewesen sein könnten, seien nicht ersichtlich. Ebenfalls seien die für die Fertigung von Röntgenaufnahmen angesetzten Kosten nicht zu beanstanden. Die Schreibauslagen seien auf 10,- Euro zu kürzen. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) werde bei Erstellung eines schriftlichen Gutachtens je angefangene 1000 Anschläge 0,75 Euro gesondert ersetzt. Der Sachverständige habe die Anzahl der für die Niederschrift des Gutachtens erforderlichen Anschläge nicht mitgeteilt, so dass eine Schätzung geboten gewesen sei. Die Zahl der Anschläge liege im Schnitt deutlich unter 1000 Anschläge je Seite. Der Aufwendungsersatz pro Seite habe daher deutlich unter 0,75 Euro je Seite bleiben müssen. Der vom Sachverständigen angesetzte Stundensatz von 85,- Euro sei nicht angemessen. Der Sachverständige habe kein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrade im Sinne der Honorargruppe M 3 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG gefertigt. Eine derartige außergewöhnliche Leistung habe der Sachverständige nicht erbringen müssen. Das vom Gesetz vorgesehene Honorar betrage nur 60,- Euro für jede Stunde der erforderlichen Zeit entsprechend der Honorargruppe M 2. Für die Erbringung von Sachverständigenleistungen auf medizinischem Fachgebiet sehe das seit dem 01.07.2004 geltende JVEG in § 9 Abs. 1 Stundensätze von 50,-, 60,- oder 85,- Euro in den Honorargruppen M 1, M 2 oder M 3 vor. Die Zuordnung der Leistungen zu einer Honorargruppe bestimme sich nach der Anlage 1 zu § 9 JVEG. Die Anlage 1 lasse entgegen der Ansicht des Sachverständigen keine schematische Zuordnung zu. Sie unter...

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