Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. erstattungsfähige Rechtsanwaltsgebühren. angenommenes Anerkenntnis. Verfahrens- und Terminsgebühr. Höchstgebühr oder Mittelgebühr
Orientierungssatz
1. Dem Rechtsanwalt steht gemäß § 14 RVG bei der Bestimmung der Gebühr ein Ermessensspielraum zu, mit der Folge, dass in den Fällen, in denen die Bestimmung des Anwalts die nach Ansicht des Gerichts angemessene Gebühr um nicht mehr als 20% übersteigt, noch keine Unbilligkeit vorliegt.
2. Die Annahme der Höchstgebühr erfordert in der Regel, dass mehrere Umstände überdurchschnittlich sind. Allein die Tatsache, dass wegen der Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen die Prämien für die Lebensversicherung verspätet gezahlt worden sind, rechtfertigt nicht das Ausschöpfen des Gebührenrahmens.
3. Die Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RVG entsteht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung. Sie setzt keine weitere auf eine Erledigung gerichtete Mitwirkungshandlung voraus.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller und die Anschlussbeschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.01.2007 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Streit ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Kostenfestsetzungsverfahren.
In dem durch angenommenes Anerkenntnis am 05.11.2005 erledigten einstweiligen Rechtsschutzverfahren war die Berücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) streitig. Die Antragsteller hatten am 04.10.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt, nachdem die Antragsgegnerin für die Zeit ab Juli 2005 die Eigenheimzulage als Einkommen angerechnet hatte (Bescheid vom 23.06.2005). Die Antragsteller begründeten ihre Ansicht, dass diese Vorgehensweise gegen § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, verstoße und nahmen zum einen Bezug auf hierzu ergangene Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte und zum anderen auf § 1 Abs. 1 Nr. 7 ALG 2-Verordnung in der Fassung vom 01.10.2005. Die Antragsgegnerin hat den Anspruch am 20.10.2005 anerkannt.
Mit Beschluss vom 15.02.2006 hat das Sozialgericht (SG) den Antragstellern Prozesskostenhilfe (PKH) für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt H beigeordnet.
Die Antragsteller haben sodann die Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts nach § 55 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und im einzelnen folgender Gebühren beantragt:
Verfahrensgebühr für Verfahren VV-Nr. 3102 RVG, Gebührenerhöhung VV-Nr. 1008 RVG um 0,3 wegen zwei Auftraggebern 598,00 EUR
Terminsgebühr VV-Nr. 3106 RVG 380,00 EUR
Post und Telekommunikation VV-Nr. 7002 20,00 EUR
16 % Mehrwertsteuer VV-Nr. 7008 159,68 EUR
Gesamtbetrag: 1157,68 EUR
Bei der Verfahrens- und Terminsgebühr sei wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung - Gefährdung des Grundeigentums der Antragsteller - die Höchstgebühr anzusetzen.
Das SG hat die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.03.2006 auf 511,56 EUR festgesetzt mit der Begründung, unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sei jeweils nur die Mittelgebühr erstattungsfähig unter Einbeziehung des Erhöhungstatbestandes VV-Nr. 1008 bei der Gebühr nach VV-Nr. 3103 RVG.
Das SG hat die rechtzeitig eingelegte Erinnerung der Antragsteller mit Beschluss vom 23.01.2007 zurückgewiesen. Es hat darauf hingewiesen, dass unter Beachtung der Grundsätze des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG und der Verfahrensart - einstweiliger Rechtsschutz im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende - der Ansatz der Höchstgebühr vorliegend unbillig wäre.
Zur Begründung der Beschwerde vom 07. Februar 2007 gegen den am 06.02.2007 zugestellten Beschluss betonen die Antragsteller, dass die Gefahr bestanden habe, das Einfamilienhaus zu verlieren, da sie nicht mehr in der Lage gewesen seien, die Darlehensraten zu zahlen. Allein die große wirtschaftliche Bedeutung rechtfertige das Ausschöpfen des Gebührenrahmens. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse hat gegen den ihm am 22.02.2007 zugestellten Beschluss des SG mit Schreiben vom 13.03.2007 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Terminsgebühr VV-Nr. 3106 RVG sei weder nach VV-Nr. 3106 RVG Ziff. 3 noch nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 RVG entstanden, und betont, dass es vorliegend an der auf eine Erledigung gerichteten anwaltlichen Mitwirkung fehle. Er verweist auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 R -; B 1 KR 22/06 R; B 1 KR 23/06 R) und beantragt die Festsetzung von Gebühren in Höhe von 279,56 EUR (Verfahrensgebühr 221,00 EUR, Auslagen von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer von 38,56 EUR).
II.
Die Beschwerden sind zulässig. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Festsetzung nach § 55 RVG wurde innerhalb der Frist der §§ 56...