Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer versäumten Verfahrensfrist
Orientierungssatz
1. Die Berufung ist nach § 151 Abs. 1 SGG als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt worden ist.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist setzt nach § 67 Abs. 1 SGG fehlendes Verschulden des Verfahrensbeteiligten voraus. Auch eine vorübergehende Arbeitsüberlastung führt nicht zu einer Schuldlosigkeit der Versäumung der Rechtsbehelfsfrist. Dies gilt auch bei geltend gemachter extremer Arbeitsüberlastung infolge von staatlichen Einschränkungen und Auflagen wegen der Corona-Pandemie.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.03.2020 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.03.2020, mit dem dieses die auf die Bewilligung höherer Leistungen für die Zeit vom 01.08.2016 bis zum 31.01.2017 gerichtete Klage abgelehnt hat, ist unzulässig und war gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen. Nach S. 1 der vorgenannten Vorschrift ist die Berufung unter anderem dann, wenn sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt wurde, als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 S. 2 SGG).
Die Berufung erfolgte nicht fristgerecht. Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht eingelegt wird.
Die Berufung ist erst nach Ablauf der Monatsfrist eingelegt worden, denn das angefochtene Urteil wurde dem Kläger am 15.04.2020 zugestellt, die Berufung ist jedoch erst mit Schriftsatz vom 02.06.2020 am selben Tage beim Sozialgericht eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist konnte dem Kläger nicht gewährt werden. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Vorbringen des Berufungsführers, er sei aufgrund extremer Arbeitsüberlastung infolge von staatlichen Einschränkungen und Auflagen wegen der Corona-Pandemie nicht in der Lage gewesen, eine Berufung binnen Monatsfrist zu erstellen und zu verschicken, reicht nicht für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus, denn auch eine vorübergehende Arbeitsüberlastung führt nicht zu einer Schuldlosigkeit der Versäumung der Rechtsbehelfsfrist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine fristwahrende Berufungseinlegung auch ohne größeren Aufwand schon deshalb möglich gewesen wäre, weil eine ohnehin nicht zwingend vom Gesetz vorgeschriebene Berufungsbegründung erforderlichenfalls nachgereicht werden kann. Sonstige Gründe, die die Fristversäumnis als unverschuldet erscheinen lassen können, sind vom Kläger auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, haben nicht bestanden.
Fundstellen
Dokument-Index HI14263692 |