Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz entsprechend dem Streitwert
Orientierungssatz
1. Soweit ein Eingliederungsbescheid nach § 16 SGB 2 Handlungsobliegenheiten des Betroffenen begründet, handelt es sich hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt i. S. des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Der Eingliederungsbescheid ist, soweit er Handlungsobliegenheiten des Antragstellers betrifft, auf eine Geldleistung gerichtet, weil die einzige Rechtsfolge bei Nichtbefolgung eine Sanktion sein kann. Eine Verletzung der Obliegenheit führt unter den Voraussetzungen der §§ 31, 31a SGB 2 zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes 2.
2. Diese Auslegung führt zu dem Ergebnis, den Rechtsschutz gegen eine Obliegenheitsfeststellung nicht intensiver auszugestalten, als den Rechtsschutz gegen eine Sanktion bei Verletzung der Obliegenheit.
3. Übersteigt die Höhe der Minderung des Arbeitslosengeldes 2, die der Antragsteller bei einer Nichtbefolgung der Handlungsobliegenheit zu erwarten hätte, nicht den Betrag von 750.- €., so ist die Beschwerde gegen den im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss des Sozialgerichts ausgeschlossen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.08.2015 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner.
Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 16.04.2015 den Abschluss einer vom Antragsgegner am 09.04.2015 angebotenen Eingliederungsvereinbarung verweigert hatte, erließ der Antragsgegner am 17.04.2015 für die Zeit vom 17.04.2015 bis zum 16.10.2015 einen Eingliederungsbescheid gem. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Hierin wurde dem Antragsteller aufgegeben, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben, im Turnus von vier Wochen jeweils mindestens vier Bewerbungsbemühungen zu unternehmen und nachzuweisen sowie einen zertifizierten privaten Arbeitsvermittler mit dem ihm ausgehändigten Vermittlungsgutschein aufzusuchen. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.06.2015 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller am 26.06.2015 beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben.
Gleichzeitig hat er beantragt:
"über den Antrag des Antragstellers möglichst im Eilverfahren zu entscheiden ggfls. die Aussetzung der Vollziehung gem. § 86 a Abs. 3 SGG und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache."
Mit Beschluss vom 10.08.2015 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, da mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsbescheides spreche. Gegen diese am 12.08.2015 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 11.09.2015 Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und zu verwerfen (§§ 202 Satz 1 SGG, 572 Abs. 2 ZPO).
Gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Die Berufung bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 SGG). Diese Voraussetzungen der Zulassungsbedürftigkeit sind vorliegend erfüllt.
Soweit der Eingliederungsbescheid Handlungsobliegenheiten des Antragstellers begründet, handelt es sich um einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt iSd § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG: Der Wortlaut der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG enthält zwei Alternativen. Die Vorschrift betrifft einerseits Klagen, die unmittelbar eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung betreffen (z. B. die Anfechtung von Ablehnungsbescheiden über Ansprüche auf Arbeitslosengeld II oder Klagen auf höhere Leistungen) und andererseits Klagen, die einen auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung gerichteten Verwaltungsakt betreffen. Mit der zweiten Alternative sind Bescheide gemeint, deren Regelungswirkung die Geld-, Sach- oder Dienstleistung nicht unmittelbar betrifft, sondern die eine Vorfrage regeln, die ausschließlich für die Bewilligung einer Geld-, Sach- oder Dienstleistung relevant ist (für die Untätigkeitsklage BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B; für die Feststellung der Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Bevollmächtigten gemäß § 63 Abs. 2 SGB X LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2013 - L 19 AS 1101/13 NZB). Diese sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung wird vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.11.1993 (BGBl. I, 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem wirtschaftlichem Wert entlastet werden (BT-Drucks. 12/1217 S. 52, 715; BT-Drucks. 16/7716, S. 21). Die gewählt...