Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Gewährung einer Mutter-Kind-Kur als Vorsorgeleistung. Genehmigungsfiktion bei nicht fristgerechter Entscheidung über einen Leistungsantrag. zulässige Klageart bei einem Anspruch aus einer Genehmigungsfiktion
Orientierungssatz
1. Auch im Streit um den Eintritt der Wirkungen einer Genehmigungsfiktion bei nicht fristgerechter Entscheidung über einen Leistungsantrag durch eine gesetzliche Krankenkasse ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart.
2. Die Genehmigungsfiktion bei nicht fristgerechter Entscheidung über einen Leistungsantrag durch eine gesetzliche Krankenkasse gilt auch für eine Mutter-Kind-Kur als Vorsorgemaßnahme.
3. Hat eine gesetzliche Krankenkasse einen Leistungsantrag nach Ablauf der gesetzlichen Bearbeitungsfrist abgelehnt, ist in dieser Ablehnung nicht zugleich eine Rücknahme der aufgrund Fristablauf eingetretenen fiktiven Bewilligung der Leistung zu sehen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.09.2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer medizinischen Vorsorgeleistung in Gestalt einer Mutter-Kind-Maßnahme.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter des im Juni 2011 geborenen Klägers zu 2). Beide sind bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Nachdem die Kläger bereits im April 2013 eine Mutter-Kind-Kur zu Lasten der Beklagten durchgeführt hatten, beantragte die Klägerin zu 1) mit am 22.06.2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 18.06.2015 unter Vorlage diverser ärztlicher Berichte für sich und den Kläger zu 2) erneut eine Mutter-Kind-Maßnahme.
Mit Schreiben vom 30.06.2010 informierte die Beklagte die Klägerin zu 1) darüber, dass sie ihre Unterlagen erhalten und an den zuständigen Gutachter des medizinischen Dienstes (MDK) weitergeleitet habe. In dem am 03.08.2015 bei der Beklagten eingegangenen Gutachten vom 27.07.2015 führte Herr H vom MDK Nordrhein aus, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt seien.
Mit allein an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 03.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag vom 22.06.2015 mit der Begründung ab, Mutter-Kind-Kuren könnten nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erneut bewilligt werden. Eine Ausnahme sei nur möglich, wenn dies aus medizinischen Gründen dringend notwendig sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Den hiergegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2015 aus den im angefochtenen Bescheid mitgeteilten Gründen als unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 19.01.2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie haben die Auffassung vertreten, die begehrte Mutter-Kind-Maßnahme sei medizinisch notwendig. Darüber hinaus sei die Bewilligungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kläger mit einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung zu versorgen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V greife nur dann ein, wenn sich der Versicherte die begehrte Leistung bereits selbst beschafft habe und Kostenerstattung geltend mache. Vorliegend hätten sich die Kläger die beantragte Leistung nicht selbst beschafft, sondern begehrten weiterhin die Übernahme der Kosten, mithin die Versorgung im Rahmen der Sachleistung.
Mit Urteil vom 06.09.2016 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2015 verurteilt, die Kläger mit einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Der angefochtene Ablehnungsbescheid sei an die Klägerin zu 1) auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin des Klägers zu 2) ergangen, so dass die Anfechtungsklage auch in Bezug auf den Kläger zu 2) statthaft sei. Die Klage sei auch begründet. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Kläger auf Gewährung einer stationären Vorsorgeleistung in einer Einrichtung des Müttergenesungswerkes oder einer gleichartigen Einrichtung als Sachleistung sei § 13 Abs. 3a SGB V. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm seien im Hinblick auf die Überschreitung der hier wegen der Einschaltung des MDK einschlägigen 5-Wochen-Frist erfüll...