Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Abhängigkeit des Vergütungsanspruchs gegen die Staatskasse vom Umfang der Beiordnung. Prozesskostenhilfe. Verfahrensgebühr. Zeitpunkt der Beiordnung. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Bedeutung der Angelegenheit

 

Orientierungssatz

1. Bei der Festsetzung der vom im Wege der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt verdienten Verfahrensgebühr kann nur der Teil des Verfahrens zur Ausfüllung der Kriterien aus § 14 Abs 1 RVG herangezogen werden, für den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet war. Entscheidend ist der Umfang der Beiordnung.

2. Besprechungen des Rechtsanwalts mit seinem Mandanten, die vor seiner Beiordnung erfolgt sind, genügen daher nicht zur Begründung eines überdurchschnittlichen Umfangs- und Schwierigkeitsgrads der anwaltlichen Tätigkeit.

 

Normenkette

RVG § 14 Abs. 1, § 2 Abs. 2 S. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1; VV-RVG Nrn. 3102-3103

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 14.05.2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der der Beschwerdeführerin zustehenden Rechtsanwaltsvergütung nach ihrer Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) im Verfahren zum Aktenzeichen S 26 U 27/08 vor dem Sozialgericht Duisburg (SG).

In dem Verfahren war streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Verletztenrente wegen einer Berufskrankrankheit nach der Nr. 4302 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2012 stellte die Beschwerdeführerin neben dem Sachantrag auch einen Prozesskostenhilfeantrag. Das Verfahren wurde mit klageabweisendem Urteil vom 31.01.2012 rechtskräftig beendet.

Mit Beschluss vom 14.05.2012 bewilligte das SG dem Kläger für das Verfahren ab 31.01.2012 Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete ihm die Beschwerdeführerin bei.

Mit Schriftsatz vom 29.5.2012 beantragte diese für die "Leistungszeit vom 20.09.2006 bis 29.05.2012" die Erstattung von insgesamt 557,16 Euro. Die geltend gemachte Erstattungsforderung bezifferte sie im Einzelnen wie folgt:

"Verfahrensgebühr für Verfahren vor dem Sozialgericht, vorausgegangenes Verwaltungsverfahren § 49 RVG, Nrn. 3103, 3102 VV RVG 221,00 EUR

Terminsgebühr im Verfahren vor Sozialgericht § 49, Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Geschäftsreise, Benutzung des eigenen Kfz, Nr. 7003 VV RVG ... 7,20 EUR

Geschäftsreise, Tage-und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG 20,00 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Zwischensumme netto 468,20 EUR

19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 88,96 EUR

zu zahlender Betrag 557,16 EUR

... "

Die Höhe der Verfahrensgebühr begründete sie mit dem Umfang des Verfahrens und den Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Kläger.

Am 06.08.2012 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die der Beschwerdeführerin zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 341,77 Euro fest. Hierbei kürzte er die Verfahrensgebühr nach VV 3103 RVG auf 40,00 Euro (doppelte Mindestgebühr nach VV 3103 RVG). Zur Begründung führte er aus, die beigeordnete Rechtsanwältin könne lediglich die Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus ihrer Tätigkeit ab Wirksamwerden ihrer Beiordnung ab dem 31.01.2012 und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergebe. Die weiteren Gebühren setzte er antragsgemäß fest.

Hiergegen legte die Beschwerdeführerin Erinnerung ein, in der sie die Auffassung vertrat, dass es für die Höhe der Gebühren, trotz der erst später erfolgten Beiordnung, auf die Gesamttätigkeit in dem Verfahren und nicht auf die Tätigkeit, die erst nach Beiordnung ausgeübt worden sei, ankomme. Nach Anhörung des Beschwerdegegners, der die Auffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle teilte, wies das SG die Erinnerung mit Beschluss vom 03.07.2015 zurück.

In ihrer am 15.07.2015 eingelegten Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, vertritt die Beschwerdeführerin weiterhin die Auffassung, dass bei der Höhe der Verfahrensgebühr das gesamte Tätigwerden im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sei, da es sich bei der Verfahrensgebühr um eine Dauergebühr handele.

Sie beantragt sinngemäß,

die ihr zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie beantragt i.H.v. 557,16 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Beschwerde für unbegründet. PKH sei erst auf Antrag vom 31.01.2012 ab 31.01.2012 gewährt worden. Es sei daher in Bezug auf die Verfahrensgebühr nur auf den Arbeitsaufwand ab Wirksamwerden der Beiordnung abzustellen. Am Sitzungstag (vor Terminsbeginn) habe lediglich eine kurze Tätigkeit stattgefunden, welche von der festgesetzten Verfahrensgebühr umfasst sei.

II.

Der Senat entscheidet durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - RVG -), da die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtsache...

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