Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Bewilligung eines Mehrbedarfs zur Anschaffung von Corona.Schutz-Masken durch den Hilfebedürftigen

 

Orientierungssatz

1. Der Bedarf eines Hilfebedürftigen für Corona-Schutz-Masken ist aus dem Regelbedarf des § 20 SGB 2 und für den Zeitraum vom 1. 1. bis 30. 6. 2021 zusätzlich aus der Einmalzahlung des § 70 SGB 2 in Höhe von 150.- €. zu decken.

2. Der Mehrbedarf für medizinische Masken ist kein unabweisbarer Bedarf i. S. des § 21 Abs. 6 SGB 2.

3. Er ist nicht unabweisbar i. S. von § 21 Abs. 6 SGB 2, weil er unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Grundsicherungsberechtigten und zu einem monatlich erforderlichen Betrag von maximal 10.- €. gedeckt werden kann.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.07.2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 14.07.2021 ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere statthaft. Der erforderliche Beschwerdewert i.S.v. § 172 Abs. 3 Nr. 2b i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von mehr als 750,00 Euro wird erreicht. Der Kläger begehrt im Klageverfahren, ihm einen Zuschuss für den Kauf von 20 FFP2-Masken (oder vergleichbarer Standard) wöchentlich für den Zeitraum vom 01.02. bis 31.05.2021 in Höhe von 516 Euro zu zahlen und ab dem 01.06. bis zum 31.08.2021 wöchentlich 20 FFP2-Masken als Sachleistung oder alternativ einen Geldbetrag in Höhe von monatlich 129 Euro zu gewähren. Damit wird der Beschwerdestreitwert erreicht.

2. Die Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.

a) Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn er auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht dann, wenn der Kläger - bei summarischer Prüfung - in der Hauptsache möglicherweise obsiegen wird. Erfolgsaussichten bestehen vor allem dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen sind (§ 103 SGG), bevor die streitgegenständlichen Fragen abschließend beantwortet werden können (BVerfGE 81, 347, 356 ff.).

b) Die Rechtsverfolgung des Klägers bot im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Gesuchs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des begehrten Mehrbedarfs für FFP2-Masken (oder vergleichbarer Standard). Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II sind nicht erfüllt. Der Kläger kann und muss seinen erforderlichen Bedarf an medizinischen Masken aus dem Regelbedarf des § 20 SGB II und für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 zudem aus der Einmalzahlung des § 70 SGB II bestreiten. Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht nicht (im Erg. ebenso bereits LSG NRW vom 03.03.2021 - L 9 SO 18/21 B ER, vom 29.03.2021 - L 12 AS 377/21 B ER, vom 13.04.2021 - L 7 AS 498/21 B ER und L 7 AS 499/21 B, und vom 19.04.2021 - L 19 AS 391/21 B ER und L 19 AS 392/21 B; ebenso u.a. LSG Baden-Württemberg vom 19.04.2021 - L 2 AS 1032/21 ER-B; vgl. Blüggel, jurisPR-SozR 6/2021 Anm. 1).

aa) Das zum 01.04.2021 in Kraft tretende Gesetz zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket III) vom 10.03.2021 (BGBl. I 2021, S. 335) sieht als neuen § 70 SGB II eine Einmalzahlung aus Anlass der Covid-19-Pandemie vor.

Danach erhalten Leistungsberechtigte, die für den Monat Mai 2021 Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld haben und deren Bedarf sich nach Regelbedarfsstufe 1 oder 2 richtet, für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 zum Ausgleich der mit der Covid-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen eine Einmalzahlung i.H.v. 150 Euro; dies gilt nach seinem Satz 2 auch für Leistungsberechtigte, deren Bedarf sich nach Regelbedarfsstufe 3 richtet, sofern bei ihnen kein Kindergeld als Einkommen berücksichtigt wird (vgl. BT-Drs. 19/26542, S. 17). Diese Einmalzahlung gemäß § 70 SGB II umfasst insbesondere auch Aufwendungen für medizinische Masken. Angesichts des sechsmonatigen Bedarfszeitraums steht den Leistungsberechtigten damit im Ergebnis für diesen Zeitraum ein Betrag von 25 Euro pro Monat für Mehraufwendungen anlässlich der Covid-19-Pandemie zur Verfügung. Die Einmalzahlung gemäß § 70 SGB II soll nach der Gesetzesbegründung ohne Antrag, also von Amts wegen erfolgen (BT-Drs. 19/26542, S. 17) und "im Regelf...

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