Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingeschränkte Zulässigkeit der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist nur dann zulässig, wenn in der Hauptsache die Berufung kraft Gesetzes zulässig ist, nicht dagegen bereits dann, wenn sie zugelassen werden kann.

2. Die gesetzliche Neuregelung zum 1. 4. 2008 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist zur Entlastung der Landessozialgerichte erfolgt. Der erstrebte Entlastungseffekt wird nur dann erreicht, wenn sich die Zulässigkeit einer Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ohne Weiteres aus dem Beschwerdewert oder der Art und Dauer der im Streit stehenden Leistungen ergibt.

3. Wegen der unterschiedlichen Zielsetzung von Eil- und Hauptsacheverfahren ist es auch nicht sachgerecht, die Beschwerdemöglichkeiten im Eilverfahren davon abhängig zu machen, ob in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären ist. Die vorläufige Entscheidung im Eilrechtsschutz orientiert sich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.06.2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob dem Antragsteller an Stelle der gewährten eingeschränkten Leistungen nach § 1a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren sind.

Der im Januar 1993 geborene Antragsteller bezog von der Antragsgegnerin in der Vergangenheit Leistungen nach § 1a AsylbLG. Nachdem er im Januar 2011 volljährig geworden war, bewilligte die Antragsgegnerin ihm wiederum lediglich Leistungen nach § 1a AsylbLG unter Kürzung des Barbetrags zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens in Höhe von 40,90 Euro monatlich. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die Eltern des Antragstellers, deren Verhalten er sich zurechnen lassen müsse, seien rechtsmissbräuchlich nach Deutschland eingereist, um Leistungen nach dem AsylbLG zu erlangen. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Widerspruch.

Ferner hat er am 13.04.2011 bei dem Sozialgericht Dortmund beantragt, die Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort vorläufig bis einschließlich des auf die Entscheidung des Gerichts folgenden Monats Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren. Er meint, das angeblich rechtsmissbräuchliche Verhalten seiner Eltern könne ihm nach Eintritt seiner Volljährigkeit nicht mehr zugerechnet werden. Seither sei er nicht mehr Familienangehöriger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG.

Durch Beschluss vom 10.06.2011 hat das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers mit der Begründung abgelehnt, dass ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung habe der Antragsteller lediglich Anspruch auf die um den Taschengeldbetrag in Höhe von 40,90 Euro gekürzten Leistungen nach § 1a AsylbLG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihm am 17.06.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24.06.2011 Beschwerde erhoben. Er vertritt die Auffassung, die Beschwerde sei zulässig, obwohl in der Hauptsache der Wert der Beschwer von 750,01 Euro nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erreicht sei; denn die Berufung wäre jedenfalls gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob dem Antragsgegner die Einreisemotivation seiner Eltern auch nach Eintritt seiner Volljährigkeit noch zuzurechnen sei, grundsätzliche Bedeutung habe. Im Übrigen habe das Sozialgericht die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss zugelassen.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,

den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.06.2011 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort vorläufig bis einschließlich des auf die Entscheidung des Gerichts folgenden Monats laufende Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG bedarf eine Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die ...

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