Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Gebührenfestsetzung des Rechtsanwalts

 

Orientierungssatz

1. Die Beschwerde ist in Rechtsanwaltsgebührensachen nach § 56 Abs. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200.- €. übersteigt.

2. Bei der Wertermittlung ist die auf die Rechtsanwaltsgebühren zu zahlende Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Maßgeblich ist, dass die Umsatzsteuer vom Rechtsanwalt zunächst zu vereinnahmen ist. Sie ist insoweit untrennbarer Bestandteil der dem Rechtsanwalt zu erstattenden Gebühren und Auslagen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes errechnet sich nach der Differenz zwischen der geltend gemachten Kostenfestsetzung und den nachfolgend durch das Gericht tatsächlich festgelegten Gebühren und Auslagen.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.06.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht Dortmund für das erstinstanzliche Klageverfahren bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 23.03.2009 hat das Sozialgericht dem Kläger des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bewilligt und Rechtsanwalt E, den Beschwerdeführer, beigeordnet. Bereits zuvor hatte der Kläger die Klage unter Verweis auf eine in einem Erörterungstermin vor einer anderen Kammer des Sozialgerichts in einem eine vergleichbare Rechtsfrage betreffenden, jedoch nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu beurteilenden Rechtsstreit erklärte Klagerücknahme zurückgenommen.

Mit seiner Kostenrechnung vom 02.11.2010 machte der Beschwerdeführer folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:

Verfahrensgebühr für Verfahren vor dem Sozialgericht, vorausgegangenen Verwaltungsverfahren § 49 RVG, Nr. 3103, 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG 170,00 EUR

Terminsgebühr im Verfahren vor Sozialgericht § 49 RVG, Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Zwischensumme 390,00 EUR

19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 74,10 EUR

Summe 464,10 EUR.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.05.2011 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren auf insgesamt 226,10 EUR fest. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Terminsgebühr fand insofern keine Berücksichtigung.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Erinnerung führte der Beschwerdeführer aus, die Terminsgebühr entstehe auch durch außergerichtliche Gespräche zwischen den Beteiligten zum Zwecke der Erledigung der Angelegenheit. Hierzu zähle zweifellos auch der Umstand, wenn das konkrete Verfahren in einem anderen Verfahren miterörtert werde.

Nachdem die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung des Beschwerdeführers nicht abgeholfen hatte, hatte das Sozialgericht die aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen des Klägers mit Beschluss vom 28.06.2011 auf 226,10 EUR festgesetzt.

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG sei nicht entstanden. Insbesondere greife Abs. 3 der Vorbemerkung 3 zu Teil 3 des VV RVG nicht. Die Teilnahme an einem Termin in einem Parallelverfahren stelle keine "Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts" dar. Der Kläger habe bereits in dem Parallelverfahren eine Terminsgebühr abrechnen können. Die Zuerkennung einer weiteren Terminsgebühr sei nicht zu rechtfertigen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 14.07.2011 hält der Beschwerdeführer an seinem Begehren fest und weist darauf hin, der Gesetzgeber habe mit der Vorbemerkung 3 zu Teil 3 RVG die Verfahrensförderung durch Besprechungen ermöglichen wollen. Der Wortlaut der Vorbemerkung wolle nur klarstellen, dass die Gebühr auch außerhalb eines Verfahrens anfallen könne. Entweder man vertrete die Auffassung, der vorliegende Rechtsstreit sei dann auch in dem Parallelverfahren erörtert worden, so dass die Gebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG unmittelbar entstanden sei, oder sie sei mindestens laut der Vorbemerkung 3 entstanden. Sofern die Auslegung des Sozialgerichts zutreffend sei, werde dies die Erledigung von Verfahren nicht fördern. Aus Kostengesichtspunkten und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten wären die Bevollmächtigten vielmehr gezwungen, in vielen Verfahren auf der Durchführung eines Termins zu beharren, um nicht das Risiko der kostenlosen Arbeit auf sich zu nehmen.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Dabei hat es u.a. darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet habe, dass es einen weiteren Aufwand durch ergänzende Besprechungen mit dem Kläger gegeben habe.

Der Beschwerdegegner hält die im angefochtenen Beschluss erfolgte Kostenfestsetzung für zutreffend.

Auf Anregung des Beschwerdegegners hat der Senat die Prozessakte zum Klageverfahren S 10 (32) AS 210 /07 vom Sozialgericht Dortmund...

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