Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.07.2021 geändert. Die Vergütung des Antragstellers für sein im Verfahren S 17 KR 840/16 erstattetes medizinisches Sachverständigengutachten vom 14.03.2021 wird auf 712,50 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

Die wegen der begehrten Herabsetzung der Vergütung um 476,80 Euro auf 473,20 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte, in Anbetracht der noch vor dem 01.01.2022 erfolgten Einlegung formgerechte (vgl. § 4b JVEG i.V.m. § 65d Satz 1 SGG in der ab dem 01.01.2022 geltenden Fassung) und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Landeskasse, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die Vergütung des Antragstellers für sein im Verfahren S 17 KR 840/16 erstattetes medizinisches Sachverständigengutachten vom 14.03.2021 zu Unrecht entsprechend dem Begehren des Antragstellers auf 950,00 Euro festgesetzt. Richtigerweise steht dem Antragsteller nur eine Vergütung i.H.v. 712,50 Euro zu.

Der Antragsteller macht ausschließlich eine Vergütung nach Zeitaufwand geltend. Diese richtet sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Anlage 1 JVEG in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung (JVEG a.F.), da der Gutachtenauftrag am 09.11.2020 dem Antragsteller zugegangen ist und damit der Auftrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen des Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 - KostRÄG 2021) vom 21.12.2020 (BGBl I 3229) zum 01.01.2021 erteilt worden ist (§ 24 Satz 1 JVEG).

1. Zugunsten des Antragstellers kommt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht die Honorargruppe M 3, sondern die Honorargruppe M 2 nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG a.F. zur Anwendung. Nicht einschlägig ist demgegenüber, wie von der beschwerdeführenden Landeskasse geltend gemacht, die Honorargruppe M 1.

a) Nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG a.F. fällt eine beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad unter die Honorargruppe M 2. Der Honorargruppe M 3 werden demgegenüber Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen) zugeordnet. Nach dem Wortlaut dieser Regelungen nimmt der Senat in ständiger Rechtsprechung die Abgrenzung zwischen den Honorargruppen M 2 und M 3 nach dem Schwierigkeitsgrad vor. Nur ein hoher Schwierigkeitsgrad rechtfertigt den Ansatz der Honorargruppe M 3. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein, wohingegen die Honorargruppe M 3 einschlägig ist, wenn schwierige Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische oder ätiologische Probleme zu klären sind (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 30; ebenso bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 19).

Nach diesen Grundsätzen ist für das vom Antragsteller erstellte medizinisches Sachverständigengutachten die Honorargruppe M 2 und nicht die Honorargruppe M 3 einschlägig. Nach der Beweisanordnung vom 17.09.2020 in Gestalt der Änderung vom 19.10.2020 hatte der Antragsteller im Wesentlichen zu klären, an welchen Erkrankungen der Versicherte im Zeitpunkt der stationären Aufnahme in das Krankenhaus der Klägerin gelitten hat, welche Behandlungsmaßnahmen durchgeführt wurden, welche Formen der Beatmung stattgefunden haben und ob diese eine maschinelle Beatmung im Sinne der Definition nach den Deutschen Kodierrichtlinien Ziffer 1001l waren und welche Hauptdiagnose, welche Nebendiagnosen und welche Prozeduren zu verschlüsseln waren. Keine der gestellten Beweisfragen betrafen schwierige Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische oder ätiologische Probleme. Vielmehr ging es um eine zwar analytische, aber letztlich beschreibende Begutachtung von Vorgängen während des stationären Aufenthaltes des Versicherten in der Klinik der Klägerin. Dies gilt namentlich für die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren hervorgehobene Problematik des Vorliegens einer maschinellen Beatmung. Der Antragsteller hat insoweit in seinem Gutachten im Einzelnen herausgearbeitet, welche atemunterstützenden Maßnahmen im Krankenhaus der Klägerin erbracht wu...

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