Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zur Übernahme von Mietschulden durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Eine Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 8 SGB 2 setzt u. a. drohende Wohnungslosigkeit voraus. Eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft ist regelmäßig frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen.
2. Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 S. 1 SGB 2 bietet keine Anspruchsgrundlage für eine darlehensweise Übernahme von Mietschulden.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Aachen vom 18.04.2012 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die aus zwei Erwachsenen und drei Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller bewohnt eine 123 m² großes angemietetes Haus, für dessen Nutzung monatlich 750,00 EUR Kaltmiete zzgl. 150,00 EUR an kalten Nebenkosten zu entrichten sind. Die Kündigungsfrist für das am 01.05.2010 begonnene Mietverhältnis beträgt nach dem vorgelegten Mietvertrag vom 09.02.2010 für den Vermieter drei Monate, wenn seit der Überlassung des Mietobjektes weniger als fünf Jahre vergangen sind.
Der Antragsgegner bewilligte bis Januar 2012 einschließlich Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft, mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.01.2012 dann Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer als angemessen angesehenen Kaltmiete von 508,25 EUR.
Am 22.02.2012 beantragten die Antragsteller ein Darlehen i.H.v. 900,00 EUR zwecks Zahlung der Miete für Februar 2012, weil der Antragsteller zu 2) seine Geldbörse mitsamt einem Barbetrag von 980,00 EUR verloren habe. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 23.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2012 ab, gegen den die Antragsteller im Verfahren S 4 AS 269/12 am 27.03.2012 Klage erhoben und eine Tilgungsvereinbarung mit dem Vermieter vorgelegt haben, wonach die rückständige Miete für Februar 2012 in sechs Monatsraten zu je 150,00 EUR, beginnend mit März 2012, getilgt werden soll.
Mit Beschluss vom 16.04.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht biete. Ein Anspruch auf Übernahme der Mietschulden ergebe sich insbesondere nicht aus § 22 Abs. 8 SGB II, weil Wohnungslosigkeit bisher nicht einzutreten drohe, die bewohnte Unterkunft zu teuer und nach keiner in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung angemessen sei. Auch unter Zugrundelegung der Richtwerte des Wohngeldgesetzes stünden den Klägern monatliche Aufwendungen von 600,00 EUR inkl. Nebenkosten zu. Die tatsächlichen Mietaufwendungen von 900,00 EUR lägen weit darüber.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 10.05.2012 in dem Verfahren L 19 AS 943/12 B Beschwerde eingelegt und auf den Vortrag im parallel geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verwiesen.
Mit Antrag an das Sozialgericht vom 26.03.2012 im vorliegenden Rechtsstreit haben die Antragsteller die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung eines Darlehens von monatlich 150,00 EUR für den Zeitraum von März bis August 2012 begehrt und für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit zwei Beschlüssen vom 18.04.2012 hat das Sozialgericht den Antrag in der Sache sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil es an der Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches fehle. Weder drohe baldiger Wohnungsverlust noch bestehe eine Rechtsgrundlage für eine darlehensweise Leistungsgewährung. § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II biete keine Anspruchsgrundlage zur darlehensweisen Übernahme von Mietschulden, § 28 Abs. 8 SGB II im vorliegenden Fall auch nicht, da Wohnungslosigkeit bislang noch nicht einzutreten drohe, die Unterkunft unangemessen teuer sei.
Gegen beide Beschlüsse vom 18.04.2012 haben die Antragsteller am 10.05.2012 Beschwerde eingelegt, für deren Durchführung gleichfalls Prozesskostenhilfe beantragt worden ist. Das Sozialgericht verkenne die zivilrechtliche Rechtslage, wonach eine außerordentliche Kündigung wegen Mietrückstandes durch Nachzahlung abgewendet werden könne, nicht jedoch die gleichfalls drohende ordentliche Kündigung nach § 573 BGB. Zwar sei umstritten, ab welcher Höhe eines Mietrückstandes auf der Rechtsgrundlage von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gekündigt werden könne. Erreiche der Zahlungsrückstand jedoch eine Monatsmiete im vorliegenden Fall, könne jedenfalls gekündigt werden.
Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht angenommen, dass weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten Regelungsanor...