Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. Kosten für eine Abiturabschlussfeier. Nichtvorliegen eines unabweisbaren laufenden Bedarfs. keine planwidrige Regelungslücke
Orientierungssatz
Bei den Kosten für die Teilnahme an einer Schulabschlussfeier handelt es sich um einen einmaligen Bedarf, für den ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs 6 SGB 2 nicht gewährt werden kann. Eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes liegt nicht vor.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.10.2018 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Klägerinnen begehren die Übernahme von Kosten für die Teilnahme an einer Schulabschlussfeier.
Die im Jahr 1999 geborene Klägerin zu 1) und die im Jahr 2000 geborene Klägerin zu 2) bezogen im streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit ihrer Mutter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Im Schuljahr 2017/18 besuchten beide Klägerinnen die Jahrgangsstufe Q2 des städtischen M-Gymnasiums in E. Mit Schreiben vom 28.08.2017 wandte sich die Mutter der Klägerinnen an den Beklagten. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass die durch die Schulabschlussfeier entstehenden Kosten im Rahmen des § 28 Abs. 7 SGB II übernommen würden und bat um Mitteilung, wie sie einen entsprechenden Antrag stellen könne und ob die Übernahme der Kosten auch für volljährige Schüler gelte. Außerdem bat sie um Auskunft, ob die Anschaffung angemessener Kleidung ebenfalls bezuschusst werden könne.
Mit Bescheid vom 11.09.2017 lehnte der Beklagte den so verstandenen Antrag auf Leistungen für Bildung und Teilhabe für die Kosten der Abschlussfeier sowie einen Zuschuss zur Beschaffung von angemessener Kleidung für die Klägerinnen ab. Es bestünde kein Anspruch, da es sich bei den beantragten Leistungen nicht um solche für Bildung und Teilhabe handele.
Mit Schreiben vom 12.10.2017 (Eingang beim Beklagten am 18.10.2017) legte die Mutter der Klägerin gegen den Bescheid vom 12.09.2017, der bei ihr am 16.09.2017 zugegangen sei, Widerspruch ein. Es sei diskriminierend für ihre Kinder, wenn diese aus finanziellen Gründen nicht an der Abschlussfeier teilnehmen könnten. Die Wichtigkeit einer solchen Feier sei mit der einer mehrtägigen Klassenfahrt oder eintägiger Ausflüge zu vergleichen, wenn sie diese nicht sogar noch übertreffe. Da ihre Töchter im selben Jahr die Schule beendeten, befände sie sich in einer außerordentlichen Lage. Sie müsse die doppelten Kosten tragen, die sich auf ca. 200-250 EUR pro Person beliefen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2018 verwarf der Beklagte den Widerspruch der Klägerinnen wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig. Zugleich behandelte er den Widerspruch als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 12.09.2017 und lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16.01.2018 ab. Der Bescheid vom 12.09.2017 sei nicht zu beanstanden. Das Recht sei richtig angewandt sowie von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden. Es bestehe kein Raum für die zusätzliche Gewährung der beantragten Leistung. Die Leistung sei mit der Regelleistung abgegolten.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.01.2018 wandten die Klägerinnen ein, dass neben § 28 Abs. 7 SGB II auch § 21 Abs. 6 SGB II als Anspruchsgrundlage in Betracht komme. Es müsse jedem ermöglicht werden, an der Abschlussfeier teilzunehmen. Eine Ausgrenzung nach finanziellen Kriterien sei unzulässig. Auf eine solche Ausgrenzung laufe der Bescheid des Beklagten jedoch hinaus. Die Anmietung der Halle für die Abschlussfeier kostet ca. 80-90 EUR pro Person. Hinzu kämen die Ausgaben für Kleid und Schuhe. Sämtliche Kosten seien nicht vom Regelsatz umfasst. Es werde angemerkt, dass die gesamte Oberstufe, also alle Schüler, an der Abschlussfeier teilnähmen. Die Klägerinnen seien die einzigen, die im Falle der Ablehnung der Leistungen nicht im Stande sein würden, an der Abschlussfeier teilzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2018 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass eine Berücksichtigung der Kosten der Abschlussfeier gemäß § 21 Abs. 6 SGB II bereits deshalb nicht in Betracht komme, weil nach dieser Vorschrift lediglich laufende, nicht nur einmalige Bedarfe berücksichtigt werden könnten und es sich bei den beantragten Kosten gerade um einen einmaligen Bedarf handele. Auch von § 28 SGB II würden die geltend gemachten Kosten nicht erfasst.
Am 06.06.2018 haben die Klägerinnen beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) Klage erhoben. Die Rechtsauffassung des Beklagten, dass ein Anspruch gemäß § 21 Abs. 6 SGB II ausgeschlossen sei, weil es sich bei der geltend gemachten Leistung um einen einmaligen Bedarf handele, werde in der Sozialgerichtsbarkeit nicht geteilt. Das Sozialgericht Hannover (S 68 AS 344/18 ER) und das Landessozialgericht Niedersachsen Bremen (L 11 AS 349/17 und L 11 AS 1503/15) seien der Auffassung, dass eine analoge Anwendung der Vor...