Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende in den Jahren 2021 und 2022
Orientierungssatz
Jedenfalls unter Berücksichtigung des einmaligen pauschalierten Leistungsanspruchs nach § 70 SGB 2 in Höhe von 150 Euro für den Zeitraum vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2021 zum Ausgleich der pandemiebedingten Sonder- und Mehrbedarfe sowie der nunmehr von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten weiteren Entlastungspakete sind die für 2021 und 2022 festgesetzten Regelleistungen nicht evident unzureichend.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 01.02.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den auf Gewährung höherer Regelleistungen (monatlich 540,00 Euro für das Kalenderjahr 2021 und monatlich 644,00 Euro für die Zeit ab dem 01.01.2022) gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs noch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (Anordnungsgrund). Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne eine schnelle Entscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte unmittelbar droht, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12.05.2005 zum Az. 1 BvR 569/05, Rn. 23 bei juris). Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Überzeugung des erkennenden Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01, Rn. 5 bei juris).
Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von 446,00 Euro bis zum 31.12.2021 und monatlich 449,00 Euro bis zum 28.02.2022. Die Höhe dieser Leistungen entspricht der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 2 SGB II i.V.m. dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe (RBEG). i.V.m. § 28a und 40 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung. Ein Anspruch des Antragstellers auf höhere Regelleistungen ist mangels Rechtsgrundlage nicht gegeben. Die Bemessung der Regelbedarfe für 2021 und 2022 entspricht auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Senat verweist diesbezüglich zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss vom 01.02.2022. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kommt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der Art der Leistungen zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 -, Rn. 38 f. bei juris mwN). Dieser Gestaltungsspielraum führt dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränkt, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, Rn. 40 ff. bei juris). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur dann, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11, Rn. 41 bei juris). Jenseits dieser Evidenzkontrolle wird lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - Rn. 42 mwN bei juris). Jedenfalls unter Berücksichtigung des einmaligen pauschalierten Leistungsanspruchs nach § 70 SGB II (Gesetz vom 10.03.2021. B...