Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung von Beitragszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Tätigkeit eines überlassenen Arbeitnehmers als Fördermaschinist in einem knappschaftlichen Entleihbetrieb
Orientierungssatz
1. Leiharbeitnehmer, die im Rahmen einer zulässigen Arbeitnehmerüberlassung von einem nicht knappschaftlichen Betrieb an einen knappschaftlichen Betrieb verliehen werden und dort keine knappschaftlichen Arbeiten nach § 133 Nr 2 SGB 6 iVm § 134 Abs 4 SGB 6 verrichten, sind der allgemeinen Rentenversicherung zuzuordnen.
2. § 133 Nr 1 SGB 6 ist auch nicht auf solche Versicherte direkt anzuwenden, die als Leiharbeitnehmer in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt sind, wenn sie nach den Vorstellungen und Zielen von Ver- und Entleiher wegen der bergmännischen Qualifikation im Entleihbetrieb wie ein dort beschäftigter Arbeitnehmer eingesetzt werden (Aufgabe von LSG Essen vom 6.5.2014 - L 18 KN 116/12).
3. Die Tätigkeit eines Fördermaschinisten ist keine knappschaftliche Tätigkeit iS des § 133 Nr 2 SGB 6.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.08.2020 geändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht einen Vormerkungsbescheid aufheben durfte, mit dem rentenrechtliche Zeiten des Klägers der knappschaftlichen Rentenversicherung zugerechnet wurden.
Geschäftsgegenstand der Beigeladenen zu 1) ist die Ausführung von Hoch-, Tief- und Industriebauten aller Art, insbesondere Schachtabteufen, Untertagearbeiten, Tunnelbau, Spezialtiefbau, Stollenbau und Anwendung des Gefrierverfahrens sowie Bohrarbeiten aller Art sowie Planungs- und Engineeringsarbeiten, die Herstellung oder Bearbeitung von Materialien zur Ausführung von Bauten und überhaupt jede Betätigung, die unmittelbar oder mittelbar der Gesellschaft zu dienen bestimmt ist.
Die Beigeladene zu 2) ist ein knappschaftlicher Betrieb i.S.d. § 134 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in ihrem Betrieb wurde Steinkohle bergmännisch gewonnen.
Der Kläger war im gesamten streitigen Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt und wurde von dieser der Beigeladenen zu 2) zur Arbeitsleistung überlassen. Er wurde aufgrund einer Zusatzvereinbarung vom 02.11.2006 zu seinem Arbeitsvertrag ganz überwiegend, unterbrochen nur für kurze Zeiträume, in denen er unter Tage eingesetzt wurde (29.01.2007 bis 11.02.2007, 06.08.2007 bis 30.09.2007 und 22.10.2007 bis 26.10.2007) als "Seilfahrt-/Fördermaschinist über Tage in der Wasserhaltung" auf stillgelegten Bergwerken eingesetzt. Seine Tätigkeit als Fördermaschinist bestand darin, die Seilfahrten von Bergleuten nach unter Tage sowie die Förderung von Bergematerial von unter Tage nach über Tage durchzuführen. Dabei war er an der jeweiligen Fördermaschine über Tage alleine im Einsatz und bediente die Fördermaschine selbständig. Die Beigeladene zu 1) zahlte für den Kläger Rentenversicherungsbeiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung.
Die Beklagte führte gemäß § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Beigeladenen zu 1) eine Betriebsprüfung durch. Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass u.a. für den Kläger für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 durch die Arbeitgeberin zu Unrecht Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien, weil für die Durchführung der Versicherung der Träger der allgemeinen Rentenversicherung zuständig gewesen sei. Dies teilte sie der Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 27.01.2011 mit. Die zur knappschaftlichen Rentenversicherung gezahlten Beiträge würden daher beanstandet und seien als solche rechtsunwirksam. Die beanstandeten Beiträge der knappschaftlichen Rentenversicherung würden in Höhe des Beitragssatzes der allgemeinen Rentenversicherung dem zuständigen Versicherungsträger gutgeschrieben. Die Beiträge gälten somit als Beiträge der allgemeinen Rentenversicherung.
Mit Bescheid vom 24.03.2011 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die Beanstandung und teilte ihm mit, dass die Beiträge somit als Beiträge der allgemeinen Rentenversicherung gälten. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2012 zurück. Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen wies die auf Aufhebung des Bescheides gerichtete Klage im Verfahren S 7 KN 146/12 ab. Der erkennende Senat hob im sich anschließenden Berufungsverfahren die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 06.05.2014 auf (L 18 KN 116/12). § 133 Nr. 1 SGB VI sei auch auf solche Versicherte anzuwenden, die als Leiharbeitnehmer in einem knappschaftlichen Betrieb eingesetzt würden und in diesem Sinne nur faktisch in einem solchen Betrieb beschäftigt seien, wenn sie nach den Vorstellungen und Zielen von Ver- und Entleiher wegen der bergmännischen Qualifikation im Entleiherbetrieb wie ein dort beschäftigter Arbeitnehmer über Jahre eingesetzt würden. Bereits der Wortlaut der Regelun...