rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.11.1998; Aktenzeichen S 5 RJ 222/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.11.1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Altersruhegeld unter Berücksichtigung von im Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten hinsichtlich der Zugehörigkeit der Klägerin zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK).

Die am ...1924 in O. (Großwardein)/Rumänien) geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nationalsozialismus. Seit 1946 lebt sie in Israel, dessen Staatsangehörigkeit sie angenommen hat.

Nach einem ersten erfolglosen Rentenantrag (Bescheide vom 02.07.1992 und 24.02.1993) beantragte die Klägerin am 14.02.1996 erneut bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente unter Anerkennung von Fremdbeitragszeiten und Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Sie gab nun an, ihr Elternhaus sei deutschsprachig gewesen und sie habe ab Juli 1939 in einer Strickereiwerkstatt an ihrem Heimatort, ab Juli 1942 dann in Budapest, ebenfalls als Strickerin, gearbeitet. Dies bestätigten die Zeuginnen Z. L. und M. N., eine jüngere Schwester der Klägerin, schriftlich.

Die Klägerin gab weiter an, sowohl Vater und Mutter seien deutscher Muttersprache gewesen und zu Hause sei überwiegend Deutsch gesprochen worden.

Die Beklagte zog die Entschädigungsakten der Klägerin bei und ließ eine Sprachprüfung in Israel durchführen. Bei dieser Sprachprüfung im Januar 1997 gab die Klägerin an, Eltern und Kinder hätten zu Hause untereinander Deutsch gesprochen, die Kinder untereinander Ungarisch und Deutsch, mit Verwandten sei Deutsch gesprochen worden. Die Prüferin fasste ihren Eindruck von der Sprachprüfung wie folgt zusammen: "Frau K. kommt aus einfachen Verhältnissen. Ihre Mutter hat keine Schule besucht, sie selbst hat nie Deutschunterricht gehabt. Deutsch lesen lernte sie beim Vater und selbständig. Im Gegensatz zur sechs Jahre jüngeren Schwester, mit der ich mich auf Deutsch unterhalten habe, hat die Antragstellerin seit der Verfolgung nicht mehr Deutsch gesprochen. Das Deutsch der Schwester ist durch deutschsprachigen Umgang auch nach der Verfolgung entsprechend weniger in Vergessenheit geraten. Ich bin der Meinung, dass Deutsch die überwiegend angewandte Sprache im Elternhaus der Antragstellerin war und sie bis zum Zeitpunkt der Verfolgung, ihrem Bildungsstand entsprechend, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehörte."

Die Beklagte ermittelte weiter, dass die Klägerin gegenüber der israelischen Entschädigungsbehörde im Jahr 1970 Ungarisch als ihre Muttersprache angegeben hatte, im Konzentrationslager Ungarisch, Rumänisch, Deutsch in dieser Reihenfolge.

Mit Bescheid vom 06.06.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.1997 den Wi derspruch zurück mit der jeweiligen Begründung, die Klägerin habe ihre Zugehörigkeit zum dSK nicht glaubhaft gemacht, weshalb ihr der Zugang zur deutschen Rentenversicherung verwehrt sei.

Mit der zum Sozialgericht erhobenen Klage hat die Klägerin behauptet, die israelische Entschädigungsbehörde habe sei nerzeit davon abgeraten, Deutsch als Muttersprache anzugeben, weshalb sie Ungarisch angegeben habe. Der Umstand, dass sie sich bei der Sprachprüfung in Israel außerstande gesehen habe, Deutsch zu schreiben, spreche nicht gegen ihre Zugehörigkeit zum dSK; sie sei in einfachsten Verhältnissen aufgewachsen, die Mutter habe nicht einmal eine Schulausbildung genossen. Aus diesem Grunde habe sie die deutsche Sprache nur mündlich von ihren Eltern gelernt und die deutsche Schriftsprache nur aus dem Lesen deutscher Bücher. Da Deutsch nur im Familienkreis verwendet worden sei, habe kein Bedürfnis bestanden, es schreiben zu können.

Im Klageverfahren hat die Beklagte vorbehaltlich einer Zugehörigkeit der Klägerin Versicherungszeiten nach dem FRG (Fremdrentengesetz) von Juli 1939 bis Juni 1942 sowie eine Ersatzzeit vom 05. April 1944 bis zum 13. April 1945 anerkannt.

Mit Urteil vom 25.11.1998 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin Altersrente, gegebenenfalls nach erfolgter Nachentrichtung, nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren: Der Klägerin sei der Zugang zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung über § 17 a FRG eröffnet, da sie insbesondere dem dSK zugehörig gewesen sei. Dies sei nach Auswertung sämtlicher erreichbarer Beweismittel über wiegend wahrscheinlich.

Gegen das am 14.01.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.01.1999 eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin eine Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK als nicht glaubhaft gemacht ansieht. Gegen eine Deutschsprachigkeit der Klägerin zu Jugendzeiten spreche, dass diese Deutsch nicht schreiben könne, als Muttersprache in Israel 1970 Ungarisch angegeben habe sowie der überwiegend ungarischsprachige Charakter ihre...

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