Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Diese Grundsätze gelten auch für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH.

3. Verfügt der Geschäftsführer-Gesellschafter über keine Sperrminorität, bezieht er ein festes monatliches Gehalt, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, untersteht er dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung, ist er in den Betrieb der GmbH eingegliedert und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.09.2013 geändert und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) vom 1.1.2012 bis 18.9.2012 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Beigeladene zu 1) wurde 1983 gegründet (notariell beurkundeter Gesellschaftvertrag vom 29.6.1983). Der Gegenstand des Unternehmens ist der Stahlhandel.

Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages (GesV) werden die Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz und Satzung eine andere Mehrheit vorschreiben. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je 100,- DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beträgt seit der Kapitalerhöhung vom 3.7.2007 400.000,00 Euro. Hieran bestanden folgende Beteiligungsverhältnisse:

K L 204.000,00 Euro = 51 %

J L 60.000,00 Euro = 15 %

J1 L 136.000,00 Euro = 34 %

Herr K L ist seit 1983 Geschäftsführer. Die Klägerin war von 2002 bis Juli 2007 und ist wieder seit Juli 2009 Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1). Die Klägerin ist ebenso wie Herr K L, ihr Vater, alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.

Der Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) liegt der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (GF-AV) vom 14.12.2011 zugrunde, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Vorbemerkung

Auf der Grundlage der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vom 1.7.2009 ist Frau J1 L zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt worden. Mit der Übertragung der Gesellschafteranteile vom 14.12.2011, UR-Nr. 1623/11 H verfügt Frau J1 L nun über 34% an der L Stahlhandel GmbH. Der Geschäftsführer wird mit Wirkung vom 1.1.2012 als Angestellte der L Stahlhandel geführt.

Er ist stets einzeln zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer bestimmen sich mit Wirkung vom heutigen Tage an nach Maßgabe dieses Geschäftsführer-Anstellungsvertrages.

§ 1 Aufgaben und Pflichten

(1) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft und hat die verantwortliche Leitung und Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und einer etwaigen durch Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ...

(2) ...

(3) Der Geschäftsführer hat die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes unter besonderer Beachtung der Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen ...

(4) - (6) ...

(7) Die Gesellschaft kann weitere Geschäftsführer bestellen. Die Geschäftsverteilung der Geschäftsführer untereinander bestimmt sich in diesem Fall nach den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung oder nach dem Geschäftsverteilungsplan.

§ 2 Vertretung und Geschäftsführung

(1) ...

(2) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft im Umfang der ihm durch Beschluss der Gesellschafterversammlung erteilten und in der Vorbemerkung genannten Vertretungsberechtigung.

(3) Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.

(4) Die Gesellschafterversammlung ist unabhängig von § 1 Abs. 8 jederzeit berechtigt, die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers zu beschränken, zu erweitern oder zu ergänzen, ohne dass dies auf die übrigen Bestimmungen dieses Vertrages ein...

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