Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit seinem Gesellschaftsanteil über keine Sperrminorität, ist er in den Betrieb des Unternehmens eingegliedert, erhält er eine feste erfolgsunabhängige Vergütung, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub, so ist von dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Das Tragen eines unternehmerischen Risikos ist nur dann ein Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 8.12.2014 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.9.2015 wird abgewiesen.

Die Kosten trägt in beiden Rechtszügen die Klägerin, außer den Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.020 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Klägerin im Zeitraum vom 1.5.2012 bis zum 31.10.2013 der Versicherungspflicht der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Der 1968 geborene Beigeladene zu 1) verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Maschinenschlosser. Er meldete zum 30.9.2011 bei der Stadt C ein Gewerbe (Vertrieb von Produkten aus der Nano-Technologie) an. Antragsgemäß bewilligte die Beigeladene zu 4) ihm mit Bescheid vom 13.10.2011 für die Zeit vom 30.9.2011 bis zum 29.6.2012 einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Ebenfalls auf Antrag des Beigeladenen zu 1) hin stellte die Beigeladene zu 4) den Eintritt der Antragspflichtversicherung nach § 28a Abs. 1 Nr. 2 SGB III fest (Bescheid v. 3.11.2011).

Die Klägerin mit Sitz in T wurde durch Gesellschaftsvertrag (GesV) vom 1.3.2012 und Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichtes (AG) T unter der Registernummer HRB 000 gegründet. Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines Fitnessstudios und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte (§ 2 Abs. 1 GesV). Dabei ist die Klägerin Franchisenehmerin der D GmbH mit Sitz in M. Das Stammkapital der Klägerin belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum zunächst auf 150.000,00 EUR, ursprünglich nach § 4 GesV verteilt auf die H AG mit einem Anteil am Stammkapital von 65.000,00 EUR (43,33 %), den Beigeladenen zu 1) mit einem Anteil von 65.000,00 EUR (43,33 %) und die T Consulting GmbH mit einem Anteil am Stammkapital von 20.000,00 EUR (13,33 %). Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GesV bedurften zudem insbesondere folgende Geschäfte der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung: der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten oder Rechten an Grundstücken, die Aufnahme von Darlehen und Durchführung von Investitionen, wenn der Wert im Einzelfall mehr als 5.000,00 EUR betrug, die Übernahme von Bürgschaften und Gewährung von Krediten, der Abschluss von Gesellschaftsverträgen, der Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen und die Errichtung von Zweigniederlassungen, die Erteilung von Prokuren, General- und Handlungsvollmachten sowie der Abschluss von Leasing- und Mietverträgen, wenn die monatlichen Raten 500,00 EUR bei 48 Monaten Laufzeit überstiegen. Nach § 5 Abs. 3 S. 3 GesV konnte diese Liste mit einfacher Mehrheit erweitert werden. Nach § 6 Abs. 7 GesV gewährten je 50,00 EUR eine Stimme in der Gesellschafterversammlung. Gesellschafterbeschlüsse wurden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages Bezug genommen.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 1.3.2012 wurde der Beigeladene zu 1) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Mit Datum vom selben Tag schlossen er und die Klägerin einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (GF-V), der unter anderem folgende Regelungen traf:

"§ 1 Aufgaben und Pflichten

(1) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft und ha...

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