Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht.

3. Hat der Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, Anspruch auf eine regelmäßige Vergütung, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf Erstattung seiner Auslagen und unterliegt er einem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung, so sprechen solche Umstände für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

4. Dies gilt erst recht dann, wenn er mit einem Anteil von 30 % am Stammkapital der GmbH Einzelanweisungen an sich nicht verhindern kann und er über eine Sperrminorität nicht verfügt.

5. Wird eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt, so spricht dies nur dann für das Tragen eines unternehmerischen Risikos, wenn Letzterem größere Freiheiten in der Gestaltung der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.12.2013 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.10.2011 wird aufgehoben, soweit mit diesem festgestellt wird, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.10.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen erstattungsfähige außergerichtliche Kosten im erstinstanzlichen Verfahren im Umfang von 3/8 zu erstatten. Im Berufungsrechtszug findet eine Kostenerstattung zwischen den Beteiligten nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung im Zeitraum vom 1.10.2010 bis zum 9.8.2012.

Der am 00.00.1967 geborene Kläger war in der Zeit vom 15.8.2007 bis zum 30.9.2010 als Einzelunternehmer - nach eigener Darstellung - im Bereich der Erstellung und des Vertriebs softwaregesteuerter Anwendungen im Bereich Mobile Computing sowie der Entwicklung von Applikationen tätig.

Mit notariellem Vertrag vom 12.8.2010 wurde die Beigeladene zu 1) gegründet und am 7.10.2010 in das Handelsregister des Amtsgerichts I (HRB 000) eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) vom 12.8.2010 enthält auszugsweise folgende Regelungen:

"§ 1

Firma und Sitz

1. Der Name der Gesellschaft lautet: 2. Q GmbH 3. ( ).

§ 2

Gegenstand des Unternehmens

Gegenstand des Unternehmens ist die Erstellung und der Vertrieb von softwaregesteuerten Anwendungen im Bereich Mobile Computing sowie die Entwicklung von Applications im Business Bereich (B2B) und von intelligenten Informationsworkflows im Zusammenhang mit Applications.

( ...).

§ 3

Stammkapital und Einlagen

1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 100.000,00 ( )

2. Die Einlagen wurden wie folgt übernommen: EUR 55.000,00 (Geschäftsanteil Nr. 1) von der Firma B Unternehmensgruppe GmbH, P-ring 003, X (HRB 000 AG X),

EUR 30.000,00 (Geschäftsanteil Nr. 2) von Herrn G Q, geb. am 00.00.1967, B, I,

EUR 15.000,00 (Geschäftsanteil Nr. 3) von Herrn S Q, geb. am 00.00.1955, S-str. 00, X.

Die Einlagen sind in voller Höhe sofort in Geld zu leisten.

§ 5

Geschäftsführung

1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, so vertritt dieser die Gesellschaft allein.

2. Einzelnen Geschäftsführern kann durch Gesellschafterbeschluss das Alleinvertretungsrecht eingeräumt werden

3. Der oder die Geschäftsführer können durch Gesellschafterbeschluss auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.

4. Im Innenverhältnis unterliegen die Geschäftsführer den Bedingungen und Beschränkungen ihres Anstellungsvertrages und den ihnen von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen.

5. Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit durch einfachen Beschluss einen Katalog von Rechtshandlungen (Geschäftsordnung) aufstellen, zu deren Vornahme die Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung...

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