Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einer abhängigen Beschäftigung steht.

3. Ist der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH in deren Betrieb eingegliedert, erhält er eine feste monatliche Vergütung, hat er Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und verfügt er als Gesellschafter über keine Sperrminorität, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

4. Ein bestehendes unternehmerisches Risiko ist erst dann anzunehmen, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.4.2015 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 14.10.2015 abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 28.1.2010 bis zum 16.4.2013.

Die Beigeladene zu 1) wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 29.4.2005 (Urk.-Rolle Nr. 00/2005 der Notarin Dr. T, N) gegründet und am 13.6.2005 in das Handelsregister eingetragen (Amtsgericht [AG] N [HRB 000]). Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von zunächst 100.200,00 EUR trugen ursprünglich Herr Dr. B N (Dipl.-Chemiker), Herr G K (Dipl.-Ingenieur) sowie der Kläger (Dipl.-Chemiker) im Umfang von jeweils 33.400,00 EUR. Diese Personen wurden mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) vom 29.4.2005 zu deren gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22.12.2006 (Urk.-Rolle Nr. 000/2006 der Notarin Dr. T, N) trat als weiterer Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) Herr Dr. T I (Dipl.-Chemiker) hinzu, der auch zum weiteren Geschäftsführer bestellt wurde. Gleichzeitig wurden die Stammkapitalanteile der Gesellschaft zwischen den nunmehrigen Gesellschaftern zugunsten eines Stammkapitalanteils von jeweils 25.050,00 EUR neu verteilt.

Mit weiterem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) vom 22.12.2006 teilte der Kläger - neben den weiteren Gesellschaftern der Beigeladenen zu 1) - seinen Geschäftsanteil in drei Teilgeschäftsanteile im Nennbetrag von 20.000,00 EUR, 5.000,00 EUR und 50,00 EUR. Seinen Teilgeschäftsanteil von 5.000,00 EUR trat er an Herrn Dr. V F; den weiteren Teilgeschäftsanteil von 50,00 EUR an Herrn I I ab.

Ebenso wurde mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22.12.2006 das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) um 19.800,00 EUR auf 120.000,00 EUR erhöht. Auf diese Stammkapitalerhöhung leistete der Kläger keine Einzahlung.

Am 17.9.2009 führte die Deutsche Rentenversicherung Westfalen (DRV Westfalen) bei der Beigeladenen zu 1) eine Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV durch. In der - an die Beigeladene zu 1) adressierten und dem Eingangsteil des Schreibens nach den "Prüfungszeitraum vom 01.05.2005 bis 31.12.2008" betreffenden - Prüfungsmitteilung vom 18.9.2009, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wörtlich:

"GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer

Es handelt sich um eine GmbH. Die versicherungsrechtliche Beurteilung der im Betrieb beschäftigten Gesellschafter/Geschäftsführer war Bestandteil der Betriebsprüfung.

Eine versicherungsrechtliche Beurteilung durch die zuständigen Einzugsstellen oder den Rentenversicherungsträger wurde bisher nicht vorgenommen. Die Beurteilung der Versicherungsverhältnisse durch den Arbeitgeber erfolgte für die Gesellschafter/Geschäftsführer Dr. Q M, Dr. B N, Dr. T I sowie Herrn G C K (nicht versicherungspflichtig) zutreffend."

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.1.2010 (Urk.-Rolle Nr. 00/2010 der Notarin Dr. T, N) teilten der Kläger sowie die weiteren Gesellschafter Herr G K, Herr Dr. B N und Herr Dr. T I ihre jeweiligen Gesellschaftsanteile an der Beigeladenen zu 1) von zuvor 20.000,00 EUR erneut in jeweils zwei Teilgeschäftsant...

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