Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des wehrdienstbedingten Berufsschadensausgleichs
Orientierungssatz
1. Berufsschadensausgleich erhalten nach § 30 Abs. 3 BVG Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist.
2. Ist jemand in seinem Beruf durch die Schädigungsfolgen nicht besonders beruflich betroffen, sondern kann er diesen Beruf ohne maßgebliche Einschränkung ausüben, also können die Schädigungsfolgen nicht der wesentliche Grund für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dieser Berufstätigkeit sein.
3. Allein die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente beweist nicht, dass das Ausscheiden aus dem Berufsleben schädigungsbedingt gewesen sei. Maßgebend ist vielmehr der im Versorgungsrecht geltende Kausalitätsmaßstab.
4. Ein nach § 30 Abs. 4 S. 3 BVG zu berücksichtigender aus einer Rentenminderung herrührender Einkommensverlust wird dadurch ermittelt, dass der Rentenberechnung für den Beschädigten Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen sein Erwerbseinkommen schädigungsbedingt gemindert ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.12.1988 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs (BSA) hat.
Der 1922 geborene Kläger erlitt im Februar 1943 als Soldat der Deutschen Wehrmacht eine Granatsplitterverletzung am rechten Arm und erkrankte während der Lazarettbehandlung an Diphtherie. Er erhielt zunächst Versorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - heute "Grad der Schädigungsfolgen - GdS") um 30 v. H. (Bescheid der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz von Dezember 1948; Umanerkennungsbescheid vom 03.04.1952). Als Schädigungsfolgen waren anerkannt:
"1. Bewegungseinschränkung im re. Ellenbogengelenk, Herabsetzung der Kraft bei Bewegung des Gelenkes
2. Leichte Haut- und Muskelernährungsstörung an der re. Hand als Rest einer Ellennervenschädigung
3. Resterscheinungen einer Nervenentzündung mit leichter Unsicherheit des re. Beines infolge Empfindungsstörung nach Diphtherie."
Nachdem im März 1975 dem Kläger ein Granatsplitter aus dem re. Unterarm operativ entfernt worden war, wurden die Schädigungsfolgen neu gefasst:
"1. Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenkes, Herabsetzung der Kraft bei Bewegung des Gelenkes, Restparese der Mittelnerven mit leichten Funktionseinschränkungen der rechten Hand
2. Restparesen beider Schienbeinnerven nach Diphterie"
und der Grad der MdE mit Wirkung von Mai 1975 auf 40 v.H. festgesetzt, eine weitere Erhöhung wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins aber abgelehnt (Bescheide vom 16.02.1976 und 17.04.1980). Klage, Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieben erfolglos (SG Detmold Urteil vom 23.01.1980, S 6 V 22/76, Landessozialgericht Nordrhein - Westfalen (LSG NRW) Urteil vom 11.03.1982, L 7 V 33/80, Bundessozialgericht Beschluss vom 11.11.1992, 9a BV 112/82).
Beruflich übte der Kläger nach seiner Entlassung aus der Wehrmacht eine kaufmännische Tätigkeit überwiegend als Buchhalter aus. Ab Oktober 1975 erhielt er zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, seit Oktober 1978 wird ihm eine Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt.
Mit Schreiben vom 18.01.1979 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt C die Gewährung von Berufsschadensausgleich, weil er wegen Verschlimmerung der bei ihm anerkannten Kriegsschäden vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. Das Versorgungsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05.05.1980 ab. Die vom Rentenversicherungsträger festgestellte Berufsunfähigkeit sei nicht wesentlich durch die Schädigungsfolgen verursacht worden, da die Schädigungsfolgen den Kläger nicht daran hinderten, seinen Beruf als Kaufmann weiter auszuüben. Dies habe auch das Sozialgericht Detmold in seinem Urteil vom 23.01.1980 (S 6 V 22/76) so ausgeführt. Ein schädigungsbedingter Einkommensverlust sei demzufolge nicht vorhanden.
Mit Schreiben vom 05.04.1982 beantragte der Kläger die Zahlung von Berufsschadensausgleich bereits ab 1975. Auch diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30.06.1982 ab. Es sei nicht ersichtlich, dass der Bescheid vom 05.05.1980 im Sinne des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unrichtig sei. Auch eine Änderung habe sich nicht ergeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.1983 wies das Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05.05.1980 zurück. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden. Dem Kläger stehe kein Berufsschadensausgleich zu. Dies finde seine Bestätigung auch in dem Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 11.03.1982, L 7 V 33/80 (Berufungsverfahren zum Verfahren S 6 V 22/76).
Der Kläger hat am 18.04.1983 Klage beim SG Detmold erhoben...