Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahrensvereinbarung. materiell-rechtliche Ausschlussfrist

 

Orientierungssatz

Die Regelung des § 7 Abs 2 S 3 und 4 PrüfvV 2014 (juris: PrüfvVbg) beinhaltet keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.06.2022; Aktenzeichen B 1 KR 17/21 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.06.2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.125,02 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit steht eine Krankenhausvergütung in Höhe von 17.125,02 €.

Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, im Jahr 1926 geborene Patientin K L (Versicherte) wurde in der Zeit vom 06.10.2015 bis zum 13.11.2015 und vom 16.11.2015 bis zum 09.12.2015 stationär in dem von der Klägerin betriebenen, nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses wegen eines periprothetischen Infekts der rechten Hüfte behandelt (Fall-Nummer: 412391).

Am 09.02.2016 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung der Versicherten unter Zugrundelegung der DRG I01Z (Beidseitige Eingriffe oder mehrere große Eingriffe an Gelenken der unteren Extremität mit komplexer Diagnose) einen Betrag in Höhe von 32.940,89 € in Rechnung (Rechnungsnummer: 86…), den die Beklagte am 23.02.2016 unter Vorbehalt vollständig beglich. Mit Schreiben vom 02.03.2016 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sich aus den nach § 301 SGB V übermittelten Daten anhand der Haupt- und Nebendiagnosen bzw. Prozeduren eine oder mehrere Prozeduren nicht nachvollziehen ließen und zudem die medizinische Notwendigkeit der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer nicht plausibel sei. Aufgrund der Auffälligkeiten der Abrechnung habe sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) um Prüfung gebeten. Dieser teilte der Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2016 mit, dass er von der Beklagten um Prüfung gebeten worden sei, ob die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer medizinisch begründet gewesen sowie die Prozeduren und abgerechneten Zusatzentgelte korrekt seien, und forderte zwecks Prüfung bis spätestens 31.03.2016 die Übersendung sämtlicher Behandlungsunterlagen, die geeignet seien, die Fragestellung der Krankenkasse bezogen auf den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten, bzw. die zur Beurteilung der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt würden. Unabhängig von der vom Krankenhaus vorzunehmenden Auswahl an Fallunterlagen werde auf jeden Fall um Überlassung einer Kopie des Entlassungsberichtes und für den Fall, dass Interventionen durchgeführt worden seien, auch des/der OP- bzw. Interventionsberichte gebeten. Am 22.03.2016 gingen ausweislich eines mit dem Zusatz „Diese Eingangsbestätigung wurde automatisch erstellt und beinhaltet keine inhaltliche Prüfung der zugesandten Unterlagen“ versehenen Schreibens vom 30.03.2016 nicht näher bezeichnete Fallunterlagen der Klägerin zum Behandlungsfall L beim MDK ein.

Dieser kam in seinem Gutachten vom 21.04.2016, dessen Grundlage Auszüge aus der Patientenkartei gewesen seien, zu dem Ergebnis, dass die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer (Verweildauer vom 11.11.2015 bis 09.12.2015) medizinisch nicht begründet gewesen sei und die Prozeduren sowie die abgerechneten Zusatzentgelte nicht belegt seien. Weder Entlassungsbericht noch OP-Bericht seien vorgelegt worden.

Die Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 27.04.2016 von der Klägerin die Rückerstattung bereits geleisteter Krankenhausvergütung in Höhe von 17.125,02 € bis zum 12.05.2016. Da eine Zahlung ausblieb, teilte sie der Klägerin mit drei Schreiben vom 11.07.2016 mit, dass sie den Rückforderungsbetrag mit Forderungen der Klägerin aus den Behandlungsfällen der Versicherten C B, K1 C1 und T G verrechne.

Die Klägerin hat am 15.08.2016 Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben. Die Stellungnahme des MDK sei nicht nachvollziehbar. Bereits am 15.03.2016 habe sie diesem die sich im Einzelnen aus einem beigefügten Screenshot ergebenden Unterlagen übersandt. Dass diese Unterlagen beim MDK eingegangen sein müssten, werde durch dessen Eingangsbestätigung vom 30.03.2016 belegt. Den von ihr vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, dass sowohl die Zusatzentgelte als auch die Prozeduren korrekt kodiert worden seien. Im Übrigen erschließe sich - selbst wenn dem MDK der OP- und der Entlassungsbericht nicht vorgelegen haben sollten - nicht, warum es diesem unmöglich sein solle, eine Prüfung durchzuführen. Die behauptete Nichtvorlage der Unterlagen führe auch nicht zum Erlöschen ihrer Forderung. Das Sozialgericht Ulm habe mit Urteil vom 01.09.2015 in dem Verfahren S 10 KR 4020/15 entschieden, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 der mit Wirkung zum 01.09.2014 in Kraft getretenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV 2014) bei unvollstän...

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