Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrigkeit der abweichenden Erbringung von Arbeitslosengeld II als Darlehen. Einkommens- und Vermögensberücksichtigung. verpfändete Lebensversicherung. Schenkungsrückforderungsanspruch aus Übertragung eines Hausgrundstücks
Orientierungssatz
1. Ansprüche und Rechte aus einer Kapitallebensversicherung, die vor Eintritt von Hilfebedürftigkeit durch vertragliche Vereinbarung zur Sicherung einer Darlehensforderung verpfändet wurden, stellen kein verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB 2 dar.
2. Ein Schenkungsrückforderungsanspruch gem § 528 Abs 1 S 1 BGB (hier aus der Übertragung eines Hausgrundstücks gegen Übernahme von Verbindlichkeiten) stellt kein zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gem §§ 11, 12 SGB 2 dar, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung nach SGB 2 ein Notbedarf des Schenkers für Zeiten nach Antragstellung noch nicht vorliegt, dh die Forderung noch nicht existiert, sondern nur die tatsächliche Aussicht auf die Entstehung der Forderung besteht, und der Anspruch aus § 528 BGB nach seiner Entstehung gem § 33 Abs 1 SGB 2 durch Legalzession auf den Grundsicherungsträger übergeht, weil Leistungen nach SGB 2 erbracht werden.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.12.2009 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 18.02.2008, 18.05.2008 und vom 31.07.2008, 13.02.2009 sowie vom 12./13.02.2009, 01.04.2009, sämtliche in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2009 verurteilt, die den Klägern für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.08.2009 darlehensweise bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in einen verlorenen Zuschuss umzuwandeln.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als verlorenen Zuschuss für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.08.2009.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin zu 1) ist deutsche Staatsangehörige. Im Jahr 2002 heiratete sie ihren Cousin, den am 00.00.1971 geborenen Kläger zu 2.) Dieser ist libanesischer Staatsangehöriger und verfügt über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Erwerbstätigkeit ist ihm gestattet. Das Ehepaar hat zwei gemeinsame Kinder, die am 00.00.2005 geborene Klägerin zu 3) und dem am 00.00.2007 geborenen Kläger zu 4). Die Klägerin zu 1) bezog in der Zeit vom 01.03. bis 31.08.2008 Kindergeld für beide Kinder in Höhe von jeweils 154,00 EUR mtl. und ab dem 01.01.2009 in Höhe von jeweils 164,00 EUR mtl ...
Im Jahr 2002 erwarb die Klägerin zu 1) das mit einem ca. 200 qm großen Zweifamilienhaus bebaute Grundstück N-Straße 00, M. Den Kaufpreis von 80.000,00 EUR finanzierte sie u.a. durch die Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 50.000,00 EUR mit einer Dauer von 12 Jahren bei der Lebensversicherung AG E (im Folgenden: Lebensversicherungs AG). Während der Laufzeit des Darlehens ist die Klägerin zu 1) verpflichtet, Zinszahlungen zu leisten. Sie schloss einen Vertrag über eine Kapitallebensversicherung in Höhe von 50.000,00 EUR mit einer Laufzeit von 12 Jahren bei der A Lebensversicherungs aG ab. Die Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verpfändete die Klägerin zu 1) zur Sicherung der Darlehensforderung an die Lebensversicherungs AG. Zur Absicherung des Darlehens wurde eine Grundschuld in Höhe von 50.000,00 EUR auf das Grundstück eingetragen.
Seit dem 12.11.2002 war die Klägerin zu 1) mit ihrer Familie unter der Anschrift N-Straße 00, M gemeldet. Neben der Familie der Klägerin zu 1) wohnten ständig die Eltern der Klägerin zu 1) und ihre vier Geschwister N, O, T und T1 in dem Haus. Zum 01.06.2007 zog die Klägerin zu 1) mit ihrer Familie in die Mietwohnung, C 00, M um. Die Grundmiete belief sich auf 360,00 EUR mtl ... Die Betriebskostenvorauszahlung betrug 120,00 EUR mtl ... Ab dem 01.03.2008 erhöhte sie sich auf 126,00 EUR sowie ab dem 01.03.2009 auf 135,00 EUR. Der Vermieter forderte mit Schreiben vom 08.02.2008 eine Betriebskostennachzahlung von 41,70 EUR für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2007, fällig am 15.03.2008, sowie mit Schreiben vom 03.02.2009 von 122,52 EUR für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2008, fällig am 15.03.2009. Die Heizkostenvorauszahlung belief sich auf 80,00 EUR mtl., ab dem 01.02.2008 auf 105,00 EUR mtl. und ab dem 01.02.2009 auf 124,00 EUR mtl ... Das Warmwasser wird über die Heizung erzeugt.
Nach Ausschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I gewährte die Arbeit T, die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend: der Beklagte), den Klägern zu 1) bis zu 3) ab dem 01.11.2005 durchgehend Leistungen nach dem SGB II.
Durch notariellen Vertrag vom 20.12.2006, der als Schenkungsvertrag bezeichnet ist, übertrug die Klägerin zu 1) das Eigentum an dem Grundstück, N-Straße 00, M auf ihren Bruder, den Zeugen (A.). Zum 06.03.2007 wurde der Zeuge A. in das Grundbuch eingetragen. Seit Mai 2007 entrich...