Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines rechtmäßigen Beitragseinbehalts durch den auszahlenden Rentenversicherungsträger
Orientierungssatz
1. Hat der Rentenversicherungsträger aufgrund einer von einem anderen Versicherungsträger mitgeteilten Versicherungspflicht einen Einbehalt bzw. eine Aufrechnung hinsichtlich der von ihm bewilligten Rente ausgesprochen, so ist dieses Vorgehen durch §§ 255 Abs. 1 SGB 5, 51 Abs. 2 SGB 1 gedeckt.
2. Versicherungspflicht tritt u. a. nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 als sog. Auffangversicherung bei anderweitig nicht gedeckter Absicherung gegen Krankheit und Pflegebedarf ein. Die hieraus zu entrichtenden Beiträge sind aus der gezahlten Rente über § 255 Abs. 1 SGB 5 vom Rentenversicherungsträger einzubehalten. Hierbei kann Ermessen nicht ausgeübt werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.08.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung ab April 2007 sowie in der Folge über die Rechtmäßigkeit des Beitragseinbehalts durch die Beklagte.
Der 1938 geborene Kläger war seit Juli 1975 arbeitslos, zuletzt 1979 Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse - der Beigeladenen zu 1). Danach bezog er Krankenhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bzw. dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Seit dem 01.05.2001 ist der Kläger Altersrentner.
Mit Bescheid vom 24.08.2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter Verweis auf eine Anhörung vom 27.07.2007 mit, dass er nach Mitteilung der Krankenkasse seit dem 01.04.2007 der Versicherungspflicht in der Kranken- sowie Pflegeversicherung der Rentner unterliege. Der Kläger müsse zukünftig Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und zudem einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag zahlen und für die Zeit ab dem 01.04.2007 nachzahlen. In dem Bescheid verwies die Beklagte auf §§ 241a, 249a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) und § 20 Abs 1 Nr 11 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI), zudem auf § 255 SGB V, nach dessen Absatz 1 Beiträge vom Rentenversicherungsträger bei der Zahlung der Rente einzubehalten seien. Ausgehend von der (damaligen) Bruttorente i.H.v. 562,32 EUR verbliebe dem Kläger eine Nettorente i.H.v. 507,50 EUR. Die rückständigen Beiträge in Höhe von insgesamt 273,23 EUR werde von der noch zu zahlenden Rente einbehalten, hier erfolge eine Aufrechnung.
Der Kläger legte Widerspruch ein unter Hinweis darauf, dass keinerlei Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung erbracht worden seien, er als Obdachloser lebe, der Eigenanteil zweimal - nämlich von der Beklagten und auch der Krankenversicherung - erhoben werde, es faktisch zu einer Rentenkürzung komme, er aber eine Rentenerhöhung verlangen könne. Die Beklagte bat den Kläger in der Folge nachzuweisen, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Laut Mitteilung der Krankenkasse unterliege der Kläger seit dem 01.04.2007 der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner. Die Beklagte verwies wiederum auf § 249a SGB V und § 20 Abs 1 Nr 11 SGB XI. Die entstandene Überzahlung i.H.v. 273,23 EUR (für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 31.08.2007) sei gem. § 255 SGB V nachzufordern und einzubehalten.
Hiergegen hat der Kläger am 30.01.2008 Klage erhoben. Es bestünde keine Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.04.2007. Die Beigeladene zu 1) habe unterlassen, ihn gem. § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V darauf hinzuweisen, dass er einen Antrag auf Befreiung von der Beitragspflicht stellen könne. Die Regelung verstoße gegen das Gesetz bzw. das Grundgesetz. Es gehe ihm nicht nur um den Nachzahlungsbetrag i.H.v. 273,23 EUR, sondern um eine gerechte Beteiligung aller, auch der Unternehmer. Die Regelungen der Satzung führten dazu, dass er einen zusätzlichen Beitrag auch von seiner Rente zahlen müsse und auf Sozialhilfeniveau abrutsche. Letztlich würde den Arbeitslosen die Schuld am Zustand der Erwerbslosigkeit gegeben. Im Übrigen erbrächten die Beigeladenen keinerlei Leistungen.
Der Kläger hat vor der protokollierenden Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts am 30.01.2008 beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass keine Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.04.2007 bestand.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbe...