Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufskrankheit. haftungsausfüllende Kausalität. schwere Hauterkrankung. Tierarzt

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer Hauterkrankung eines Tierarztes als Berufskrankheit gem BKVO Anl 1 Nr 5101, wenn nicht eine sechsmonatige Behandlungsbedürftigkeit feststellbar ist, eine wiederholte Rückfälligkeit ausscheidet und ein Unterlassungszwang nicht nachgewiesen werden kann.

 

Gründe

Streitig ist, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vorliegt und Anspruch auf Verletztenrente besteht.

Der 1936 geborene Kläger war nach Abschluss des Studiums der Veterinärmedizin von Februar 1973 bis März 1985 als selbständiger Tierarzt mit einer Landpraxis tätig. Nachdem ab Juni 1983 allergische Beschwerden in Form von Niesanfällen, Augenjucken, Augentränen und Atemnot aufgetreten waren und der Kläger seit Januar 1984 arbeitsunfähig krank war, erstattete Dr. Sch, Leitender Arzt der Karl-Hansen-Klinik für Atemwegserkrankungen und Allergie in Bad L im März 1984 eine ärztliche Anzeige über eine BK wegen eines exogen-allergisch bedingten Bronchialasthmas.

Auf der Grundlage eines Gutachtens von Dr. Sch vom 10.12.1984 sowie eines internistisch-allergologischen Gutachtens von Prof. Dr. St, Ärztlicher Direktor des Instituts für arbeits- und sozialmedizinische Allergiediagnostik in Bad S vom 16.06.1987, gewährte die Beklagte dem Kläger als Maßnahme nach § 3 BKV eine Umschulung zum Humanmediziner. Nachdem er diese aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen hatte, gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.1989 ab 16.07.1989 wegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.

Im Mai 1985 hatte der Kläger beantragt, dass aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit aufgetretene allergisch bedingte Ekzem mit starkem Juckreiz als BK anzuerkennen.

Der behandelnde praktische Arzt Dr. G teilte der Beklagten unter dem 05.07.1985 mit, bei der Hauterkrankung des Klägers handele es sich nicht um eine isolierte Affektion der Haut, sondern um die Begleiterkrankung der Atemwegserkrankung. Wann zum ersten Mal Urticaria aufgetreten seien, könne er nicht angeben. Wegen der Hauterkrankung habe nie eine isolierte Arbeitsunfähigkeit bestanden. Im Vordergrund habe die Atemwegserkrankung gestanden, die durch Corticoid haltige Medikamente und Antihistaminika behandelt worden sei.

In einem dermatologisch-allergologischen Gutachten vom 16.06.1987 kamen Prof. Dr. St und der Hautarzt Priv. Doz. Dr. R zusammenfassend zu dem Ergebnis, es bestehe beim Kläger eine allergische Kontakt-Urticaria vom immunologischen Typ I (Sensibilisierung gegenüber verschiedenen Pollen, Tierepithelien, Arthropoden sowie Heu- und Strohstaub) sowie eine Acetylsalicylsäure-Intoleranz. Die Kontakturticaria sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein berufsbedingtes Hautleiden nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV, wobei wegen des hartnäckigen Verlaufs sowohl von einer "schweren" als auch von einer "wiederholten Rückfälligkeit" der Erkrankung gesprochen werden könne. Sie bedinge eine MdE von 20 v.H.. -- Während die Gewerbeärztin Dr. B am 16.09.1987 dieser Beurteilung beigetreten war, kam der Hautarzt Dr. B in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.01.1988 zusammenfassend zu dem Ergebnis, der Kläger sei wegen der behaupteten Hauterkrankung nie fachärztlich behandelt worden. Ob eine Kontakturticaria bei ihm vorliege, sei bisher nicht hinreichend gesichert. Eine Testuntersuchung durch direktem Kontakt der Haut mit den entsprechenden Allergenen sei nicht durchgeführt worden. Die (berufsunabhängige) Acetylsalicylsäure-Intoleranz sei im übrigen gleichfalls geeignet, eine urticarielle Symptomatik hervorzurufen. Dem Gutachten von Prof. Dr. St/Priv. Doz. Dr. R könne daher nicht gefolgt werden, jedenfalls sei keinesfalls gesichert, dass i.S. der BK Nr. 5101 eine "schwere" bzw. "wiederholt rückfällige" Erkrankung vorgelegen habe. Weitere medizinische Ermittlungen seien erforderlich.

Die von der Beklagten daraufhin beabsichtigte Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. Dr. Sch, Leiter der Abteilung Gesundheitstheorie und Dermatologie der Universität O, lehnte der Kläger im Juli 1993 ab.

Nachdem der Arbeitsmediziner Prof. Dr. W in M im Gutachten vom 05.07.1989 und 25.06.1992 zur BK Nr. 4301 ausgeführt hatte, nach seiner Ansicht seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV nicht gegeben, weil es sich nicht um eine "schwere Hauterkrankung" gehandelt habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.02.1994 die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der streitigen BK mit der Begründung ab, es fehle bereits am Nachweis einer urticariellen Erkrankung. Jedenfalls habe die Berufsbedingtheit dieser Erkrankung auch deshalb nicht festgestellt werden können, weil der Kläger nicht in zumutbarer Weise an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt habe. Unabhängig davon lass...

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