Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anerkennung einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) als Berufskrankheit nach Nr. 1318 BKV
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für eine Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 1318 BKV - Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol - ist, dass die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben muss und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben.
2. Die derzeitige epidemologische Datenlage lässt keine präzise Beschreibung des Dosis-/Wirkungs-Zusammenhangs für die Erkrankung einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) und der Exposition mit Benzol zu.
3. Sowohl bei einer extremen als auch bei einer hohen Belastungsintensität muss ein direkter Kontakt zu dem Schadstoff Benzol bestanden haben.
4. Die zur Anerkennung einer BK nach Nr. 1318 BKV erforderliche extreme Belastungsintensität über einen Zeitraum von zwei Jahren entspricht ca. 20 ppm Benzoljahren. Ein für den Versicherten im konkreten Fall errechneter Wert von 2,6 ppm-Jahren liegt jedenfalls weit unter der geforderten Benzoldosis für eine Anerkennung der CML als BK nach Nr. 1318 BKV.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.07.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer chronischen, myeloischen Leukämie (CML) als Berufskrankheit (BK) nach Ziffer 1318 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) (Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lympathischen Systems durch Benzol).
Im Februar 2007 erstattete die AOK Westfalen-Lippe der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Maschinenbau- und Metall Berufsgenossenschaft (im Folgenden: Beklagte) eine Anzeige über den Verdacht des Vorliegens einer BK. Der 1970 geborene Kläger sei seit dem 8.1.2007 arbeitsunfähig und an einer CML erkrankt. Der Kläger sei als Schweißer tätig gewesen, ausweislich der beigefügten Bescheinigung des Dr. L vom 23.2.2007 bestehe bei der wohl erheblichen Belastung als Schweißer in Tankanlagen mit Kohlenwasserstoffen und auch Schweißgasen der Verdacht auf eine BK.
Nach seinen Angaben arbeitete der Kläger von 1984 bis April 1991 in Portugal und verrichtete dort u.a. Schweißarbeiten, leistete dann bis Dezember 1991 seinen Militärdienst ab, wobei er als PKW Fahrer tätig war, und siedelte darin nach Deutschland über. Von Januar 1992 bis Mai 1993 war er bei verschiedenen Arbeitgebern als Tellerwäscher, Pizzabäcker und Koch tätig. In dieser Zeit hat nach seinen Angaben kein Kontakt zu Gefahrstoffen bestanden. Sodann nahm er im Juni 1993 bei der Firma H und C, einem Hersteller von Großbehältern wie Tanks, Druckbehältern und Silos, eine Tätigkeit als Schweißer auf, die er zunächst bis April 2000 und dann wieder ab Januar 2002 ausübte. Zwischenzeitlich arbeitete er ebenfalls als Schweißer für die Firma O, die Rohrleitungen produzierte und reparierte.
Die Beklagte holte die Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 13.7.2007 ein. Darin wurde festgehalten, Benzolexpositionen hätten theoretisch beim Schweißen von Behältern, die Benzin/Benzol enthielten, auftreten können. Benzin sei jedoch hochentzündlich, die Explosionsgrenze liege bei 0,6-0,8 vol%. Benzol sei ebenfalls brennbar, Benzol/Luft-Gemische seien explosiv. Bei Reparaturarbeiten an derartigen Behältern sei ein Erlaubnisscheinverfahren Pflicht. Vor Begehen der Behälter müssten diese dafür freigegeben werden. Das sei erst nach Gasprüfung durch speziell geschulte Personen und im Falle von Schweißarbeiten durch eine Heißarbeitserlaubnis möglich. Insbesondere in der Mineralölindustrie würden generell umfangreiche Freimessungen zum Gesundheitsschutz durchgeführt. Es sei daher nicht wahrscheinlich, dass sich Reste von Benzin oder Benzol in den Behältern befunden hätten, die der Kläger geschweißt habe. Weitere Kontaktmöglichkeiten mit Benzol oder Styrol hätten nicht gefunden werden können. Eine Exposition im Sinne der BK 1303 sei daher nicht wahrscheinlich zu machen.
Mit Bescheid vom 31.7.2007 führte die Beklagte aus, die diagnostizierte Erkrankung des blutbildenden Systems sei keine BK, wegen dieser Erkrankung bestehe daher auch kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung der bezeichneten BK 1303 hätten nicht vorgelegen.
Den Widerspruch des Klägers, den dieser damit begründete, seine behandelnden Ärzte hätten erklärt, seine Krankheit stamme von der Ausübung seiner Tätigkeit als Schweißer bei der Firma H und C, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.4.2008 zurück. Nach den Feststellungen der Präventionsabteilung vom 13.7.2007 seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die streitige BK 1303 nicht gegeben.
Hiergegen hat sich die am 2.5.2008 vor de...