Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der angemessenen Geschäftsgebühr
Orientierungssatz
Bei einem überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit, einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Sache für den Betroffenen und dessen zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ist eine die Mittelgebühr um 7 % übersteigende Geschäftsgebühr nicht unbillig i. S. des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.05.2007 wird abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2006 verurteilt, an die Klägerin weitere Kosten in Höhe von 69,60 EUR zu erstatten. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Vorverfahrenskosten.
Im September 2005 stellte die am 00.00.1939 geborene Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung.
Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin vom medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) am 16.11.2005 begutachten. Der Gutachter kam in einem neunseitigen Pflegeformulargutachten zum Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit nach dem 11. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nicht gegeben seien. Aufgrund der vorliegenden Coxarthrose rechts, einer Osteoporose, Blasenentleerungsstörungen bei chronischer Blasenentzündung und einem geschwächten Kräftezustand ergäben sich lediglich ein Grundpflegebedarf von 37 Minuten täglich (Mobilität 13 Minuten/Tag, Körperpflege 24 Minuten/Tag) und ein Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 45 Minuten am Tag.
Mit Bescheid vom 06.12.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung ab. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen keiner Pflegestufe. Auf das dem Bescheid beigefügte Gutachten des MDK werde verwiesen.
Die Klägerin beauftragte daraufhin einen Anwalt, ihre Interessen im Widerspruchsverfahren zu vertreten. Ihr Bevollmächtigter legte am 22.12.2005 Widerspruch gegen den Leistungen ablehnenden Bescheid ein. Er begründete den Widerspruch mit einem 1,5seitigen Schreiben vom 10.01.2006, in dem er im Einzelnen ausführte, welche Gesundheitsstörungen der Klägerin im Gutachten des MDK zu Unrecht nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden seien. Zudem ging er auf einzelne Verrichtungen im Rahmen des § 14 Abs. 4 SGB XI ein, die aus Sicht der Klägerin nicht oder nicht in ausreichendem Maße bei Ermittlung des Pflegebedarfs berücksichtigt worden waren.
Die Beklagte ließ die Einwände der Klägerin erneut durch den MDK prüfen. Am 14.02.2006 fand insoweit ein weiterer Hausbesuch bei der Klägerin statt.
Mit Schreiben vom 23.03.2006 wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass die Dreimonatsfrist zur Erhebung einer Untätigkeitsklage abgelaufen sei. Wenn man nichts Substantiiertes bis zum 30.03.2006 von der Beklagten höre, reiche man eine entsprechende Klage ein.
Der MDK stellte das zweite Gutachten am 27.03.2006 fertig. Unter anderem angesichts der von der Klägerin erhobenen Einwände (z.B. des Asthma bronchiale) wurde nun ein Grundpflegebedarf von 48 Minuten am Tag (Mobilität 20 Minuten/Tag, Körperpflege 28 Minuten/Tag) festgestellt. Die Klägerin sei nicht mehr bettlägerig, sondern sitze etwa seit Januar im Rollstuhl. Daher benötige sie zwar nicht seit Antragstellung vom September 2005, aber zumindest seit Januar 2006 mehr Hilfe beim Kleiden, Gehen und Transfer. Mit Schreiben vom 29.03.2006 übersandte die Beklagte dem Bevollmächtigten der Klägerin das zweite Gutachten und teilte mit, dass man sich der Empfehlung des MDK (Erfüllung der Kriterien der Pflegestufe I ab dem 01.01.2006) anschließe. Es werde angefragt, ob "aufgrund der Ausführungen des Gutachters der Widerspruch zurückgezogen werde, oder der Vorgang an die Widerspruchsstelle weitergegeben werden soll".
Mit Schreiben vom 04.04.2006 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, er verstehe das Schreiben der Beklagten vom 29.03.2006 nicht. Warum solle man den Widerspruch zurückziehen, wenn die Beklagte "diesen noch nicht anerkannt habe". Es stehe der Beklagten doch frei, in einem Abhilfebescheid die Pflegestufe I anzuerkennen, unter gleichzeitiger Anerkennung der ihr obliegenden Kostenlast. Er bitte, insoweit Stellung zu nehmen. Mit weiterem Schreiben vom 22.05.2007 schlug der Klägerbevollmächtigte dann zur Vermeidung von Weiterungen und lediglich aus wirtschaftlichen Erwägungen vor, dass die Beklagte einen Abhilfebescheid erlassen solle, der auch die Übernahme der Rechtsanwaltskosten beinhalte. Für diesen Fall sei die Klägerin bereit, sich mit der Anerkennung der Pflegestufe I erst ab Januar 2006 zufrieden zu geben.
Mit Bescheid vom 31.05.2006 "billigte" die Beklagte der Klägerin die Pflegestufe I ab dem 01.01.2006 zu und teilte gleichzeitig mit, dass sie die...