Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Beitragsbemessung eines freiwillig Krankenversicherten
Orientierungssatz
1. Bei der Beitragsbemessung Selbständiger bzw. freiwillig Versicherter führt nicht bereits die Erzielung, sondern erst der Nachweis der erzielten Einkünfte zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage des Krankenversicherungsbeitrags. Eine Änderung der Beitragsbemessung aufgrund niedrigerer Einnahmen wird erst zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam. Der erforderliche Nachweis kann nur durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides geführt werden.
2. Die Beitragsbemessung hat nach § 240 SGB 5 die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Selbständigen zu berücksichtigen. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen eines freiwillig Versicherten gehören auch Einnahmen aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung (Anschluss: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013, B 12 KR 21/11).
3. Bei der Beitragsbemessung liegt zwar eine Ungleichbehandlung von pflichtversicherten und freiwillig versicherten Mitgliedern vor, weil bei Pflichtversicherten im Wesentlichen nur Arbeitseinkommen bzw. Rente oder Versorgungsbezüge zur Beitragserhebung herangezogen werden, während bei freiwillig versicherten Mitgliedern weitere Einnahmearten einbezogen werden. Zwischen beiden Personenkreisen liegen aber so wesentliche Unterschiede, dass eine Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01.12.2010 bis 31.12.2011.
Der Kläger war zunächst seit 01.04.2009 als Beschäftigungsloser (mit nebenberuflicher selbständiger Tätigkeit) freiwillig bei den Beklagten kranken- und pflegeversichert und zahlte Beiträge in Höhe von insgesamt monatlich 228,86 EUR bzw. ab Januar 2011 237,31 EUR.
Auf die Einnahmeanfrage der Beklagten zu 1) vom 04.08.2010 bestätigte der Kläger per Fax am 20.08.2010 Einnahmen (Gewinn) aus selbständiger Tätigkeit zu haben und gab ergänzend per Fax am 16.03.2011 an, seine wöchentliche Arbeitszeit betrage ("unverändert") 50 bis 60 Stunden mit - ausweislich seiner Steuervorberechnung für 2009 - monatlichen Einnahmen von ca. 1.000,00 EUR. Im Nachgang an das Fax vom 20.08.2010 bestand zwischen den Beteiligten Uneinigkeit darüber, ob der Kläger der Mitteilung seinen letzten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 beigefügt hatte. Der wiederholten Aufforderungen der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 04.10.2010, 20.10.2010, 24.01.2011 und 02.02.2011 kam der Kläger schließlich durch Übersendung des Steuerbescheides vom 05.11.2010 für das Jahr 2008 am 20.07.2011 nach. Der Steuerbescheid weist Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 16.148,00 EUR, Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 19.445,00 EUR abzüglich Werbungskosten in Höhe von 966,00 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 3.716,00 EUR aus.
Mit Bescheid vom 26.07.2011 teilte die Beklagte zu 1) - zugleich im Namen der Beklagten zu 2) - dem Kläger mit, dass er seit 01.12.2010 bei ihr als hauptberuflicher Selbständiger versichert sei und setzte unter Zugrundelegung monatlicher Einkommen in Höhe von 3.149,56 EUR (Einnahmen aus Gewerbebetrieb: 1.345,67 EUR, Einkünfte aus Kapitalvermögen: 1.539,22 EUR und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: 264,67 EUR) die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.12.2010 auf 450,39 EUR bzw. 61,42 EUR und ab 01.01.2011 auf 469,28 EUR bzw. 61,42 EUR fest. Für die Monate Dezember 2010 bis Juni 2011 bestehe davon ausgehend ein Beitragsrückstand in Höhe von 2.043,29 EUR.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Verbeitragung seiner Einkünfte aus Kapital und Vermietung. Ein Drittel der Kapitaleinkünfte seien keine Einnahmen, sondern thesaurierte Erträge, die ihm nicht zuflössen und auch nicht durch Veräußerung realisiert werden könnten, weil die Kurse gefallen seien. Anders als das Finanzamt stelle die Beklagte bei der Beitragsberechnung auf Einnahmen und nicht Einkünfte ab. Unter Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte werde er als 78-jähriger im Verhältnis zu Rentnern, die pflichtversichert seien, ungleich behandelt. Seine Einnahmen seien geringer als die mancher Rentner und dennoch müsse er mehr Beiträge zahlen.
Zum 01.01.2012 wechselte der Kläger die Kranken- und Pflegekasse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2012 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1), die wegen der Beiträge zur Pflegeversicherung auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten zu 2) wahrnahm, den Widerspruch zurück. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich seien, müsse der Versicherte unverzüglich mitteilen. Grundsätzlich seien zwar die Beitragseinstufunge...