Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung für ein freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Beitragsbemessung für ein freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach § 240 Abs. 1 SGB 5 dessen gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dabei sind u. a. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Einnahmen aus Kapitalvermögen den beitragspflichtigen Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten zuzurechnen.
2. Die unterschiedliche Beitragsbelastung von Pflichtversicherten einerseits und freiwillig Versicherten andererseits ist verfassungsgemäß. Insbesondere liegt darin kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Regelung entspricht dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 03. Februar 1993 - 1 BvR 1920/92.
3. Nach § 240 Abs. 4 S. 6 SGB 5 können Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach S. 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Infolgedessen ist es zulässig, wenn der Krankenversicherungsträger Beitragsanpassungen, welche einen höheren Beitrag bedingen, im Folgemonat der Feststellung umsetzt, vgl. BSG, Urteil vom 02. September 2009 - B 12 KR 21/08 R.
Tenor
Die Berufung gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.06.2011.
Der im Jahre 1938 geborene Kläger ist seit dem 01.04.2008 freiwilliges Mitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung. Er bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund in Höhe von 1.546,60 Euro (Stand: 01.07.2009). Ferner verfügen er und seine Ehefrau über Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Die Beklagte berechnete die monatlichen Beiträge für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung mit Bescheid vom 23.12.2010 unter Hinweis auf die Anpassung des für alle gesetzlichen Krankenkassen festgelegten einheitlichen Beitragssatzes für die Zeit ab 01.01.2011 neu und legte monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 524,52 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 67,43 Euro fest. Hiergegen legte der Kläger am 26.01.2011 Widerspruch ein, mit welchem er den Umstand als ungerecht beanstandete, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anders als bei pflichtversicherten Rentnern zur Berechnung des Beitrages herangezogen würden. Unter demselben Datum übersandte er den Einkommensteuerbescheid vom 16.11.2010 für das Jahr 2009 und begehrte eine Neuberechnung der Beiträge ab 01.01.2011. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2011 zurück. Unter Heranziehung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sei eine Berücksichtigung der geänderten Einkünfte erst ab dem 01.02.2011 möglich. Danach bleibe das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend. Der neue Steuerbescheid sei für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen. Lege das Mitglied den Einkommensteuerbescheid später vor und ergebe sich eine günstigere Beitragsbemessung, seien die Verhältnisse erst ab Beginn des auf die Vorlage dieses Einkommensteuerbescheides folgenden Monats zu berücksichtigen. Dies sei zwischenzeitlich auch mit entsprechendem Beitragsbescheid vom 12.02.2011 geregelt worden.
Mit den Bescheiden vom 12.02.2011 berechnete die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab 01.02.2011 neu und legte den zu zahlenden monatlichen Beitrag für die Krankenversicherung auf 518,32 Euro und für die Pflegeversicherung auf 66,62 Euro fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 zurück. Wegen der Gründe wird auf den Inhalt dieses Bescheides Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.05.2011 am 17.06.2011 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 am 22.07.2011 jeweils Klage erhoben. Mit den angefochtenen Bescheiden würden zu seinen Lasten seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zur Bemessung der Beiträge für die Krankenversicherung herangezogen, da er als Rentner freiwilliges Mitglied der Krankenversicherung sei. Pflichtversicherte Rentner, welche ggf. über erbliches Immobiliarvermögen verfügten, würden hingegen bezüglich ihrer Krankenversicherungsbeträge ausschließlich anhand der Renteneinkünfte bemessen. Diese Ungleichbehandlung von freiwillig versicherten Rentnern und pflichtversicherten Rentnern verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundg...