Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenkasse für eine Liposuktion. Fettabsaugung -
Orientierungssatz
1. Ist eine neuartige Behandlungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bisher nicht empfohlen worden und wird sie vom Versicherten dennoch durchgeführt, so kommt ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB 5 nur unter zwei Voraussetzungen in Betracht: die fehlende Empfehlung des GBA beruht auf einer unsachgemäßen Behandlung durch den Ausschuss oder das Gericht überzeugt sich von der Wirksamkeit der neuen Methode. Bisher hat der GBA die Liposuktion als neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen.
2. Eine Kostenerstattung wegen eines Systemmangels kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der GBA nach der Einleitung von Beratungen zu einer Erprobungsrichtlinie innerhalb von zwei Jahren keine Entscheidung getroffen hat. In seinem Beschluss vom 20. 7. 2017 hat der GBA eine Wirksamkeit der Methode verneint.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.01.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Klägerin werden Kosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die ihr für eine ambulante Liposuktion entstanden sind.
Sie ist Mitglied der Beklagten und leidet an einem Lipödem. Mit Schreiben vom 14.03.2016, eingegangen am 18.03.2016, stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten ambulanter Liposuktionen an Armen und Beinen.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2016 mit der Begründung ab, die Liposuktion sei nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten und daher als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) zu qualifizieren. Eine solche werde jedoch nur vom Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfasst, sofern der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) diesbezüglich eine positive Empfehlung abgegeben habe. Dies sei für die Liposuktion bisher nicht geschehen.
Hiergegen legte die Klägerin am 04.04.2016 Widerspruch ein. In diesem führte sie aus, dass Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Empfehlung abgegeben habe, gemäß § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden dürften. Die Erkrankung bereite erhebliche Schmerzen und wirke entstellend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die NUB sei nicht in der - auch für die Ansprüche der Versicherten verbindlichen - Anlage I der Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung" enthalten. Die fehlende Anerkennung beruhe auch nicht auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems. Anhaltspunkte für einen Systemmangel seien nicht ersichtlich. Im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes habe der MDK ein Gutachten zur Bewertung der Liposuktion erstellt. Die dabei identifizierten kontrollierten Studien wiesen erhebliche methodische und inhaltliche Mängel auf. Über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen werde unzureichend berichtet. Eine Leistungspflicht der GKV scheide daher aus.
Die Klägerin ließ die Liposuktion von Dr. D in insgesamt drei Sitzungen (27.04.2016, 25.05.2016, und 22.06.2016) ambulant durchführen. Der behandelnde Arzt und der Anästhesist stellten ihr insgesamt 15.970,50 EUR in Rechnung, die die Klägerin beglich.
Am 25.05.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Hierin verfolgt sie ihr Begehr weiter und trägt ergänzend vor, die Operationen seien erfolgreich verlaufen. Sie sei nun schmerzfrei, mobil und ihr Aussehen habe sich deutlich verändert. Dass die Liposuktionen medizinisch notwendig gewesen seien, könne durch Dr. D, den Orthopäden Dr. L und ihren Hausarzt Dr. T bestätigt werden. Zudem sei eine konservative Therapie erheblich teurer, weshalb auch das Wirtschaftlichkeitsgebot einer Kostenübernahme nicht im Wege stehe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Kosten einer Liposuktion i.H.v. 15.970,50 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat die Klage durch Urteil vom 30.01.2017 abgewiesen. Die Voraussetzungen des allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden § 13 Abs. 3 SGB V seien nicht erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch setze voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, die die Krankenkassen grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen habe. Dies träfe auf die ambulante Liposuktion nicht zu. Der GBA habe die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen. Ein Ausnahmefall, in welchem dies entbehrlich sei, liege nicht vor. Ein Leistungsanspruch...