Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Unterkunft und Heizung. Wohngemeinschaft. vertragliche Verpflichtung zur Zahlung eines konkret bestimmten Anteils des Mietzinses. angemessenes Verhältnis zur gesamten Wohnungsmiete. angemessene Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt als Angemessenheitsgrenze
Orientierungssatz
Der Begriff der "gesamten Wohnungsmiete" in § 42a Abs 4 S 2 SGB 12 stellt auf die von allen Bewohnern insgesamt zu entrichtende Miete ab. Bei einer Untervermietung durch einen selbst nicht in der Wohnung wohnenden Hauptmieter kommt es daher nur auf die von allen Bewohnern an den Hauptmieter insgesamt zu entrichtende Miete, nicht aber auf den vom Hauptmieter an den Vermieter zu entrichtenden Mietzins an.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.02.2021 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu übernehmenden Unterkunftskosten von Januar 2020 bis Oktober 2020.
Bei dem am 00.00.1994 geborenen Kläger besteht eine Behinderung mit einem GdB von 50. Bei ihm ist eine Betreuung eingerichtet, Betreuer ist der Berufsbetreuer R, E. Der Kläger arbeitete im streitigen Zeitraum bis zum 13.09.2020 im Eingangsverfahren bzw. Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), anschließend wechselte er in den Arbeitsbereich.
Am 01.10.2014 zog der Kläger in die ambulant betreute Wohngemeinschaft in der A-Straße 2 in E. Vermieter war die U GbR, die ambulant betreutes Wohnen durchführte. Der Kläger mietete einen Raum zur Alleinnutzung sowie die Küche, die sanitären Einrichtungen und das Wohnzimmer zur Mitnutzung. Die Gesamtmiete betrug 310 EUR monatlich (230 EUR Grundmiete, 30 EUR Nebenkosten-Vorauszahlung, 50 EUR Warmwasser- und Heizkostenvorauszahlung). Die Gesamtgröße der angemieteten Wohnung betrug 123,15 qm, die vom Kläger allein bewohnte Wohnfläche betrug 31,42 qm. Die U GbR hatte die Wohnung mit Mietvertrag vom 22.03.2013 für eine Grundmiete iHv 575 EUR/Monat zuzüglich 175 EUR Betriebskostenvorauszahlung/Monat zuzüglich 160 EUR Heizkostenvorauszahlung/Monat (insgesamt 910 EUR/Monat) angemietet. Die Grundmiete wurde ab 01.04.2018 auf 690 EUR/Monat angehoben. Die Wohnflächen der anderen Mieter betrugen 29,4 qm, 30,2 qm und 32,2 qm, zwei andere Mieter hatten 315 EUR monatlich und ein anderer Mieter hatte ebenfalls 310 EUR monatlich zu entrichten. Das Mietverhältnis des Klägers zur U GbR endete am 31.10.2020, anschließend zog der Kläger in eine stationäre Einrichtung. In einer "Belehrung" vom 22.08.2018 informierte die Beklagte den Kläger darüber, die Bruttokaltmiete iHv 260 EUR monatlich sei angemessen, die konkrete Angemessenheitsgrenze liege im Kreis E für Alleinstehende bei 325,50 EUR monatlich.
Der Kläger bezog erstmals seit September 2018 Sozialhilfe. Bis zum 31.12.2019 bezog der Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII, die Unterkunftskosten wurden iHv 310 EUR monatlich übernommen. Mit Schreiben vom 06.12.2019 stellte die Beklagte die Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII ein, da der Kläger aufgrund einer Gesetzesänderung zum 01.01.2020 leistungsberechtigt nach dem 4. Kapitel des SGB XII sei.
Der Kläger beantragte am 10.12.2019 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Er verfügte über Ausbildungsgeld der Agentur für Arbeit iHv 117 EUR monatlich (bis 31.07.2020) bzw. 119 EUR monatlich (01.08.2020 bis 12.09.2020), außerdem über Kindergeld iHv 200 EUR monatlich. Die Höhe des Vermögens lag bei insgesamt 2.566,94 EUR.
Mit Bescheid vom 28.02.2020 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherung von Januar 2020 bis Dezember 2020 iHv insgesamt 503,71 EUR monatlich. Sie legte monatlich einen Regelbedarf iHv 432 EUR zugrunde, auf den das Kindergeld iHv 200 EUR angerechnet wurde. Das Ausbildungsgeld blieb anrechnungsfrei. Unterkunftskosten berücksichtigte die Beklagte iHv 271,71 EUR monatlich. Dies sei die dem Kläger zustehende angemessene Bruttowarmmiete. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, die Kürzung der Unterkunftskosten sei nicht nachvollziehbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2020 wies der Kreis Düren den Widerspruch zurück. Die Unterkunftskosten seien nach § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII zu berechnen. Da sich das angemessene Verhältnis der Miete des Klägers zur vom Vermieter zu tragenden Gesamtmiete iSd § 42a Abs. 4 Satz SGB XII nicht feststellen lasse, berücksichtige die Beklagte zu Recht die Unterkunftsbedarfe nur in Höhe eines Viertels der nach dem dortigen schlüssigen Konzept angemessenen Bruttowarmmiete für einen Vier-Personen-Haushalt. Bis zur grundsätzliche Klärung sei allerdings ein Zuschlag von 50% zu den nach dem schlüssigen Konzept angemessenen kopfteiligen Aufwendungen anzuerkennen.
Gegen den Bescheid vom 28.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2020 hat der...