Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Förderung der Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben. Teilnahme an einem Sommercamp des Jugendverbandes einer politischen Partei. Neutralitätsgebot des Staates
Orientierungssatz
Bei einem Sommercamp des Jugendverbandes einer politischen Partei, mit dem auch parteipolitisch orientierte Zwecke verfolgt werden, handelt es sich nicht um eine Freizeit im Sinne des § 28 Abs 7 S 1 Nr 3 SGB 2, die der Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben und nicht am politischen Leben dienen soll.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.09.2018 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten der Kläger werden nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach § 28 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 SGB II in Höhe von jeweils 120,00 EUR für die Teilnahme der Klägerinnen an einem Sommercamp des Jugendverbandes "S" der N Partei Deutschlands (N) vom 00.07.2016 bis 00.08.2016.
Das Jobcenter Arbeit und Grundsicherung M (AG-X), vertreten durch seinen Geschäftsführer, schloss am 10.12.2014 mit der Beklagten als kommunaler Träger eine Vereinbarung über die Wahrnehmung der Aufgaben nach §§ 28 bis 30 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) ab. In § 1 der Vereinbarung ist geregelt, dass der kommunale Träger die Leistungen für Bildung und Teilhabe nach §§ 28 bis 30 SGB II im Umfang des zweiten Absatzes im Eigennamen erbringt. Die gesetzlichen Kompetenzen des Jobcenters AG-X für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit und der Leistungsberechtigung sowie die diesbezügliche Trägerverantwortung der Bundesagentur für Arbeit bleiben dabei unberührt. Die Aufgaben für Bildung und Teilhaben werden für folgende Leistungen durch den kommunalen Träger wahrgenommen:
5. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben nach § 28 Abs. 7 SGB II.
In § 3 Abs. 2 der Vereinbarung ist geregelt, dass der kommunale Träger über die in § 1 Abs. 2 genannten Leistungen dem Grunde und der Höhe nach durch Verwaltungsakt im eigenen Namen unter Verwendung der Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummer nach § 51a SGB II entscheidet. Er ist an die Feststellungen des Jobcenters AG-X zur Hilfebedürftigkeit und die damit verbundene Einkommens- und Vermögensanrechnung gebunden. Nach § 5 mit der Überschrift "Widerspruchsbehörde" ist für die Entscheidung über die in § 1 Abs. 2 genannten Leistungen die für den kommunalen Träger zuständige Widerspruchsstelle nach § 85 Abs. 2 S. 2 1. Hs. SGG.
Mit Bescheid vom 10.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2015 lehnte die Beklagte den Antrag von Frau E (E), der Mutter der vier Kläger ab, einen Zuschuss zu einer Ferienfahrt ihrer Kinder mit dem Jugendverband "S" zu gewähren. Die Klägerinnen hätten keinen Antrag für Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II gestellt. Der Antrag von Frau E. beziehe sich auf die Gewährung von Zuschüssen gemäß den Richtlinien der Stadt M über die Gewährung von Zuschüssen für junge Menschen zu Ferienfahrten. Hier handele es sich um eine freiwillige Leistung der Stadt M im Rahmen des SGB VIII. Bezuschusst würden gemäß Ziffer 2 der Richtlinie Maßnahmen, die von Trägern der freien und öffentlichen Jugendhilfe durchgeführt würden. Förderungsfähig nach § 74 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB VIII sei ein Träger, wenn er die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit biete. Danach sei vor allem die Förderung von rechts- bzw. linksradikalen Gruppierungen ausgeschlossen (siehe auch Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes vom 12.06.2015, Az.: x., wonach es sich gem. § 3 VfG NRW bei der N Partei Deutschlands (N) und ihres Jugendverbandes "S" um Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung handele und diese entsprechend in den Verfassungsschutzberichten des Landes Nordrhein-Westfalen genannt würden). Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG nicht vor, da gemäß der Richtlinie der Stadt M über die Gewährung von Zuschüssen von jungen Menschen zu Ferienfahrten alle religiösen, gewerkschaftlichen, parteipolitischen oder sportlichen Ferienmaßnahmen betroffen seien und somit keine Benachteiligung von Einzelnen entstehe.
Mit Bescheid vom 08.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger auf Gewährung eines Zuschusses zu einer Ferienfahrt in der Zeit vom 00.07.2015 bis 00.08.2015 in das Kindercamp des Jugendverbandes "S" ab. Hiergegen erhob Frau E. im eigenen Namen Klage, S 12 AS 1671/16. Das Verfahren endete durch eine Klagerücknahme.
Die vier Kläger (geboren 2001, 2002, 2004, 2005) wohnten im Jahr 2016 mit ihrer Mutter zusammen. Mit Bescheid vom 07.06.2016 bewilligte das Jobcenter AG-X Frau E. und den Klägern als Bedarfsgemeinschaft Grundsicherungsleistungen nach ...