Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zusicherung der Leistungsbewilligung während der Absolvierung des Studiengangs Bachelor of Science Ergotherapie. Rechtswidrigkeit. Leistungsausschluss für Auszubildende. Ablauf der Rücknahmefrist. Dauerverwaltungsakt
Orientierungssatz
1. Bei dem Studiengang Bachelor of Science Ergotherapie handelt es sich um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 7 Abs 5 S 1 SGB 2.
2. Einer Zusicherung ist Dauerwirkung im Sinne des § 45 Abs 3 S 1 SGB 10 beizumessen, wenn der zugesicherte Verwaltungsakt eine Begünstigung mit Dauerwirkung darstellt.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.04.2018 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch im Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Zusicherung nach § 34 Abs. 1 SGB X streitig.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin ist gelernte Hotelkauffrau und war in diesem Beruf bis 2010 tätig. Die Ausübung des Berufes ist der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich.
Seit dem 09.08.2012 ist die Klägerin an der Hochschule für Gesundheit in B für den Studiengang Bachelor of Science Ergotherapie immatrikuliert. Es handelt sich um ein Vollzeitstudium. Die Regelstudienzeit beträgt sieben Semester. Die Studienordnung sieht vor, dass die Studierenden im 6. oder 7. Semester die staatliche Prüfung zum Ergotherapeuten ablegen und an der Hochschule den Bachelor of Science als Abschluss erwerben. Die Klägerin befindet sich im 13. Semester. Mit Bescheid vom 25.04.2012 lehnte das Amt für Ausbildungsförderung den Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung ab.
Im Jahr 2012 bezog die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 02.08.2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie zum Wintersemester 2012 ein Studium zur Ergotherapeutin an der Hochschule für Gesundheit in B beginnen wolle. In dem Schreiben führte sie aus:
"Eine Umschulung zur Ergotherapeutin durch die Agentur für Arbeit wird leider nicht unterstützt. Frau C vom Fallmanagement B-Süd und Frau T von der beruflichen Rehabilitation der Bundesagentur für Arbeit B-Mitte haben mir geraten für meinen beruflichen Weg alle Möglichkeiten im Betracht zu ziehen und diesen zu verwirklichen. Ich selbst habe nach einer Möglichkeit, diesen Beruf erlernen zu können, gesucht und stieß auf die Hochschule für Gesundheit in B. Im letzten Jahr bestand die Möglichkeit zur Einschreibung, wie in der beiliegenden Zulassung vom 2011 deutlich wird. Allerding fehlte mir für die Immatrikulation das 4-wöchige Praktikum, das Zulassungsvoraussetzung für das Studium ist. Aufgrund der Unklarheiten seitens des Jobcenters war es mir leider nicht möglich, das dringend erforderliche Praktikum zu absolvieren. Allerdings bestand zum Wintersemester 2011 die Möglichkeit Bafög in Anspruch zu nehmen.
Zum jetzigen Zeitpunkt steht mir Bafög aufgrund der Altersgrenze, Studienbeginn nach dem 30. Lebensalter, nicht mehr zu. Mein Antrag auf Ausbildungsförderung beim BAföG-Amt wurde somit am 30.07.2012 abgelehnt. Meine Tochter M. B. hat am 00.00.2011 ihr 10. Lebensjahr vollendet und ich habe mein 35. Lebensjahr am 00.00.2012 vollendet.
Für das Wintersemester 2012 erfülle ich alle Zugangsvoraussetzungen. Das 4-wöchige Praktikum habe ich im April absolviert mit dem Einverständnis des Jobcenters. Die gesetzlichen Bestimmungen für "Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung" haben sich ab dem 01.04.2012 geändert. Da ich alleinerziehende Mutter einer 10-jährigen Tochter bin, bin ich auf die finanzielle Unterstützung angewiesen, um das Studium zu absolvieren zu können. Ich habe alle Möglichkeiten einer anderen Finanzierung in Erwägung gezogen. Jedoch ohne Erfolg. Für mich besteht die Möglichkeit die letzten 3 Semester des Bachelor Studiengangs durch ein Darlehen der abzudecken. Während der ersten vier Semester bin ich auf eine andere Finanzierung angewiesen. Ein Kredit oder Darlehen wird mir von den Banken nicht gewährt. Aus diesen Gründen bitte ich sie, mir Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen eines Darlehens ab dem 01.09.2012 zu bewilligen."
Mit Schreiben vom 15.08.2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit: "Bezüglich ihrer Anfrage vom 02.08.2012 teile ich Ihnen mit, dass das Jobcenter B für die Zeit Ihrer Ausbildung weiterhin Leistungen nach dem SGB II als Beihilfe zahlt. Gibt es einen schriftlichen Bescheid über die Ablehnung des Bafögs? Reichen Sie bitte zu gegebener Zeit eine Schulbescheinigung ein."
Die L-Bank bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 14.03.2013 einen Studienkredit für die Zeit vom 01.06.2013 bis 30.09.2013 i.H.v. 303,00 EUR monatlich und danach für höchstens 48 Monate (30.09.2017) i.H.v. maximal 650,00 EUR monatlich. Ab dem 01.10.2013 belie...