Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Ruhensregelung nach § 29 Abs 2 AbgG
Orientierungssatz
§ 29 Abs 2 S 2 AbgG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen das Gleichheitsgebot nach Art 3 GG und die Eigentumsgarantie nach Art 14 GG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.10.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen das teilweise Ruhen seiner Regelaltersrente aufgrund seiner Entschädigung als Bundestagsabgeordneter nach dem Abgeordnetengesetz (AbgG); hier für die Zeit vom 01.04.2013 (Beginn der Regelaltersrente) bis 31.10.2013 (Monat des Ausscheidens des Klägers aus dem Deutschen Bundestag).
Der am 00.00.1948 geborene Kläger war seit dem 10.11.1994 Mitglied des Deutschen Bundestags und bezog ausweislich einer Bescheinigung vom 15.10.2012 eine monatliche Entschädigung nach § 11 AbgG in Höhe von 7.938,19 EUR. Der Kläger beantragte am 10.10.2012 die Bewilligung einer Regelaltersrente zum 01.04.2013. Die Grundsatzabteilung der Beklagten verfügte die Anwendung der Ruhensvorschrift nach § 29 Abs. 2 S. 2 AbgG, wonach die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Abgeordnetenbezügen in Höhe von 80 % zum Ruhen kommt. Mit Bescheid vom 08.02.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger dann Regelaltersrente ab dem 01.04.2013. Zur Höhe der Rente führte die Beklagte aus, der Kläger habe grundsätzlich einen Anspruch auf Rente in Höhe von 770,37 EUR monatlich. Diese Rente ruhe jedoch wegen des Zusammentreffens mit der Abgeordnetenentschädigung, so dass ein Rentenanspruch lediglich in Höhe von 154,07 EUR zur Auszahlung gelange.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 11.03.2013 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 23.05.2013 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente zum 01.07.2013 aufgrund der Rentenanpassung neu. Der Rentenzahlbetrag betrage nun 154,46 EUR. Der Kläger begründete anschließend seinen Widerspruch dahingehend, das teilweise Ruhen der Regelaltersrente aufgrund der Regelung des § 29 Abs. 2 AbgG verletze ihn in seinen Grundrechten. Es verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), dass er als Bundestagsabgeordneter, der zugleich Altersrentner sei, eine erheblich niedrigere Rente erhalte als ein Rentner, der nicht Bundestagsabgeordneter sei. Üblicherweise erhalte derjenige, der das Rentenalter erreicht habe, die volle Regelaltersrente; unabhängig von sonstigen Hinzuverdiensten. Die faktische Anrechnung der Entschädigung als Abgeordneter auf die Regelaltersrente stelle demgegenüber eine klare Ungleichbehandlung dar. Zudem verstoße die Minderung des Auszahlungsbetrags der Rente gegen den durch Art. 14 GG gewährten Eigentumsschutz. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2013 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, sie sei an Recht und Gesetz gebunden und dürfe nicht selber prüfen, ob eine Regelung verfassungswidrig sei.
Der Kläger schied am 22.10.2013 aus dem Bundestag aus. Mit Bescheid vom 16.10.2013 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers daraufhin ab dem 01.11.2013 neu und zwar nunmehr ohne Ruhen aufgrund der Bezüge aus dem Bundestagsmandat. Die Beklagte setzte die monatlichen laufenden Leistungen in Höhe von 828,67 EUR fest.
Der Kläger hat am 23.08.2013 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Der Gesetzgeber hat § 29 Abs. 2 S. 2 AbgG mit Wirkung zum 16.07.2014 dahingehend geändert, dass ein Ruhen eines Anspruchs aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur noch in Höhe von 50 vom Hundert zu erfolgen hat, statt wie bisher in Höhe von 80 vom Hundert.
Der Kläger hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft. Rentenanwartschaften unterlägen dem Schutz des Art. 14 GG. Eingriffe hierin müssten einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein. Diese Grenzen seien durch § 29 Abs. 2 AbgG nicht beachtet. Hintergrund von § 29 Abs. 2 AbgG sei es, eine Doppelalimentation zu vermeiden. Tatsächlich folge nur die Abgeordnetenentschädigung dem Alimentationsprinzip. Die Rente folge dagegen dem Äquivalenzprinzip und orientiere sich grundsätzlich an der Höhe der in der Erwerbsphase gezahlten Beiträge. Eine Kürzung der Rentenleistungen, weil der Betreffende anderweitige Einkünfte habe, vertrage sich damit nicht. Die "Verhinderung von Überversorgung" der Rentner sei kein Gemeinwohlziel und könne diesen Eingriff nicht rechtfertigen. § 29 Abs. 2 AbgG verstoße zudem gegen Art. 3 GG. Die Vergleichsgruppe könne nicht die der Altersrentner sein, die gleichzeitig eine Pension bezögen. Richtige Vergleichsgruppe sei vielmehr die Gruppe derjenigen, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze Einkünfte aus einer beamtenrechtlich alimentierten Tätigkeit bezögen. Der Kläger sei als aktiver Abgeordneter nicht dem Pensionär vergleichbar, sondern dem aktiven Beamten. Der Beamte, der nach Erreich...