Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsbemessung eines hauptberuflich selbständig Tätigen freiwilligen Mitglieds der Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Mindestbeiträge zu einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung sind auch während eines Krankengeldbezuges zu zahlen. .

2. Freiwillig versicherte Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung haben jedenfalls den Mindestbeitrag zu zahlen, unabhängig von der Höhe ihrer Einnahmen und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.1.2019 geändert und die Klage gegen die Bescheide vom 19.8.2014, 9.9.2014 und 28.11.2014, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2015 abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin während eines Krankengeldbezuges vom 23. Juli 2013 bis 30. April 2014 beitragsfrei bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert war.

Die am 00.00.1973 geborene Klägerin war bei der Beklagten vom 1. September 2008 bis 30. Juni 2014 als hauptberuflich selbstständig erwerbstätiges freiwilliges Mitglied kranken- und pflegeversichert. Seit dem 1. Dezember 2011 bestand die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit (sog. Wahltarif-Krankengeld Comfort).

Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 19. Juli 2012 (Eingang bei der Beklagten am 6. September 2012) wies 8.157 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus. Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 3. Juli 2013 (Eingang bei der Beklagten am 22.7.2013) bezifferte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 8.158 EUR; der Einkommensteuerbescheid 2012 vom 5. Juni 2014 (Eingang bei der Beklagten am 29. August 2014) auf -1.978 EUR.

Mit Bescheid vom 19. August 2014 setzte die Beklagte monatliche Beiträge für die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung für die Zeit des Krankengeldbezuges (23. Juli 2013 bis 30. April 2014) wie folgt fest:

./. - ab 23. Juli 2013 ab - 1. August 2013 ab - 1. Januar 2014 Krankenversicherung - 62,38 EUR - 207,92 EUR - 216,06 EUR Pflegeversicherung - 8,25 EUR - 27,50 EUR - 28,58 EUR Gesamt - 70,63 EUR - 235,42 EUR - 244,64 EUR

Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass während des Krankengeldbezuges zwar Beitragsfreiheit für das vor dem Leistungsbezug beitragspflichtige Arbeitseinkommen eines selbstständig Erwerbstätigen bestehe, soweit und solange es entfalle. Nachdem sich die Beitragsfreiheit aber nur auf das entfallende Arbeitseinkommen beschränke, bleibe die Beitragspflicht aller übriger beitragspflichtiger Einnahmen hiervon unberührt. Dies gelte auch für den Differenzbetrag zwischen dem gesetzlichen Mindestbeitragsbemessungswert und dem Arbeitseinkommen der Klägerin. Da das beitragspflichtige Arbeitseinkommen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit monatlich 679,83 EUR betragen habe und den für die Klägerin maßgebenden Mindestbeitragsbemessungswert für das Jahr 2013 (2.021,25 EUR) bzw. für das Jahr 2014 (2.073,75 EUR) nicht erreicht habe, seien die Beiträge der Klägerin unter Zugrundelegung der Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen. Aus dem monatlichen Differenzbetrag in Höhe von 1.341,42 EUR für 2013 (2.021,25 EUR - 679,83 EUR) und in Höhe von 1.393,92 EUR für 2014 (2.073,75 EUR - 679,83 EUR) seien daher während des Krankengeldbezuges weiterhin Beiträge - auch zur sozialen Pflegeversicherung - zu entrichten.

Die Klägerin erhob am 31. August 2014 Widerspruch und machte geltend, dass die Beitragserhebung zu hoch angesetzt sei. Auch sei sie zu keinem Zeitpunkt hauptberuflich selbstständig tätig gewesen.

Mit Bescheid vom 9. September 2014 setzte die Beklagte die Beiträge für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 neu auf monatlich gesamt 208,59 EUR (gesetzliche Krankenversicherung 184,22 EUR, soziale Pflegeversicherung 24,37 EUR) fest und half insoweit dem Widerspruch teilweise ab. Abzüglich eines monatlichen Einkommens der Klägerin i.H.v. 679,25 EUR (Einkommensteuerbescheid 2010, 8.157 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb) errechneten sich die Beiträge aus 1.347,50 EUR.

Den Antrag der Klägerin vom 28. September 2014 auf Beitragsentlastung und/oder den Erlass der rückständigen Beiträge ab Januar 2013 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2014 ab.

Am 24. November 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und vertrat die Ansicht, während des Krankengeldbezuges beitragsfrei gewesen zu sein. Mit Bescheid vom 28. November 2014 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin während des Krankengeldbezuges ab dem 23. Juli 2013 aus dem monatlichen Differenzbetrag zwischen ihrem Arbeitseinkommen und der Mindestbeitragsbemessungsgrenze in Höhe von 667,75 EUR bzw. ab 1. August 2013 in Höhe von 667,67 EUR und ab 1. Januar 2014 in Höhe von 702,67 EUR Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung wie folgt zu entrichten habe:

./. - ab 23. Juli 2013 - ab 1. August 2013 - ab 1. Januar 2014 Krankenversicherung - 31,05 EUR - 103,49 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge