Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder. hauptberuflich selbstständig Tätiger. Herausrechnung von Zeiten des Krankengeldbezuges bei der Ermittlung der monatlichen Einkünfte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BeitrVerfGrsSz wirkt sich der Bezug von Krankengeld eines hauptberuflich selbstständig Tätigen bei der späteren Berücksichtigung des Arbeitseinkommens durch den Einkommensteuerbescheid des Veranlagungsjahres, in dem der Krankengeldbezug vorlag, in der Weise aus, dass die beitragsfreien Zeiten „auszuklammern“ sind. Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz ist davon geprägt, dass eine andere Vorgehensweise zu einer doppelten Begünstigung desselben Zeitraumes führen würde.

2. Da die begünstigende Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BeitrVerfGrsSz davon ausgeht, dass beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Zeiten des Krankengeldbezuges entfällt, ist es nur folgerichtig, diese (beitragsfreien) Zeiten bei der Beitragsberechnung (auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids des Krankengeld-Bezugsjahres) herauszurechnen, ohne dass dies zur Berücksichtigung einer nur fiktiven Leistungsfähigkeit des Versicherten führt.

3. Die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz setzt unter Typisierungsgesichtspunkten die bestehenden gesetzlichen Regelungen um (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - Ruhen des Krg-Anspruchs).

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung vom 07.07.2014 bis 30.09.2015.

Der 1950 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und war als hauptberuflich Selbstständiger, im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld kranken- und pflegeversichert.

Vom 04.04.2013 bis 31.07.2013 bezog der Kläger Krankengeld von der Beklagten. Am 21.03.2014 reichte der Kläger den Einkommenssteuerbescheid vom 13.02.2014 für 2012 bei der Beklagten ein. Vom 05.05.2014 bis 06.07.2014 meldete sich der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Z... arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 35,80 €.

Am 20.05.2014 ging der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid des Klägers vom 09.05.2014 für 2013 zu, welcher Einkünfte aus freiberuflicher selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 45.094,00 € auswies.

Mit Schreiben vom 16.06.2014 teilte der Kläger mit, seine freiberufliche Tätigkeit ab dem 07.07.2014 fortzusetzen. Auf Grundlage des Einkommensteuerbescheids für 2013 setzte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 06.08.2014 den Beitrag zur Krankenversicherung (im Folgenden: KV-Beitrag) in Höhe von 523,13 € und den Beitrag zur Pflegeversicherung (im Folgenden: PV-Beitrag) in Höhe von 69,19 € vom 07.07.2014 bis 31.07.2014 fest und ab 01.08.2014 den monatlichen KV-Beitrag in Höhe von 627,75 € und den monatlichen PV-Beitrag in Höhe von 83,03 €. Bemessungsgrundlage der Beitragsberechnung war die Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 4.050,00 €.

Gegen die Beitragsbescheide vom 06.08.2014 legte der Kläger am 12.08.2014 Widerspruch ein. In dem Einkommensteuerbescheid 2013 werde ein zu versteuerndes Einkommen von 36.953,00 € ausgewiesen, somit betrage das monatliche Einkommen nur 3.079,42 €.

Wegen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf 4.125,00 € und der Beitragssätze setzte die Beklagte mit zwei Änderungsbescheiden vom 18.12.2014 ab 01.01.2015 den KV-Beitrag auf monatlich 635,25 € und den PV-Beitrag auf monatlich 96,94 € fest.

Dagegen legte der Kläger am 09.01.2015 Widerspruch ein und teilte mit, dass er ab 01.10.2015 Regelaltersrente beziehen werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2015 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide vom 06.08.2014 und 18.12.2014 zurück. Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter seien § 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), wonach die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung der Einnahmen für die Beitragseinstufung zu berücksichtigen sei. Nach § 8 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) begründe der Krankengeldbezug Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfalle. Da mit der Beitragsfreiheit von hauptberuflich Selbständigen während des Krankengeldbezuges eine krankheitsbedingte Minderung des Arbeitseinkommens bereits zeitnah (quasi im Vorgriff auf den künftigen Einkommenssteuerbescheid) beachtet werde, sei es sachgerecht...

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