Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.03.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 394/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.10.2019 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitgegenständlich sind Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Monat November 2018.

Die 1986 geborene Klägerin schloss Mitte des Jahres 2016 ein Lehramtsstudium ab. Im November 2016 nahm sie ihr Referendariat auf. Seit August 2019 ist sie in Berlin als Lehrerin beschäftigt.

Sie bewohnte unter im Einzelnen streitigen Umständen Räumlichkeiten in einem Einfamilienhaus in R, das seit dem Jahr 2014 im Alleineigentum ihres prozessbevollmächtigten Vaters, einem früheren Mitarbeiter des Beklagten, steht.

In einem beim Beklagten Anfang November 2016 eingegangenen Antrag gab die Klägerin an, drei Zimmer mit einer Wohnfläche von 90 m² zu bewohnen. Es fielen eine Grundmiete von 600 EUR, Nebenkosten von 60 EUR und Heizkosten i.H.v. 120 EUR an. Nach einer von der Erbengemeinschaft "U/L" ausgestellten Mietbescheinigung (vom 25.07.2016, unterschrieben von der Zeugin L) erfolgte der Einzug der Klägerin am 15.06.2016 und wurden Mietzahlungen bis Juli 2016 geleistet. Die Angaben zur Miethöhe deckten sich mit den Angaben im Antrag der Klägerin.

In einer E-Mail aus dem Dezember 2016 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, ein Mietvertrag sei nur mündlich geschlossen worden, ein schriftlicher Mietvertrag könne nicht vorgelegt werden (E-Mail vom 20.12.2016). Mit Schreiben vom 02.01.2017, eingegangen beim Beklagten am 04.12.2016, bekräftigte die Klägerin, es gebe keinen schriftlichen Mietvertrag.

Anfang Dezember 2016 und Anfang Januar 2017 überwies die Klägerin Mietzahlungen in Höhe von jeweils 780 EUR, Ende März 2017 i.H.v. 500 EUR. Weitere Überweisungen erfolgten in unregelmäßigen Abständen und unterschiedlicher Höhe ab Juli 2017. Die jeweiligen Überweisungen erfolgten auf ein Konto bei der ING-DiBa mit der Nummer 01, auf ein Konto bei der Commerzbank mit der Nummer 02, das auf den Namen L lief, und auf ein Konto bei der Deutschen Bank-Postbank mit der Nummer 03, das ebenfalls auf den Namen L lief.

Eine Bescheinigung der "EG L" aus dem Oktober 2018 wies Mietzahlungsverpflichtungen für die Zeit ab November 2018 i.H.v. 745 EUR (600 EUR Grundmiete, 60 EUR Nebenkosten, 20 EUR Heizkosten, 65 EUR Haushaltsstrom) aus. Einzugstermin sei der 01.07.2016 gewesen, die Miete bis Juli 2016 entrichtet. Es bestünden Mietrückstände i.H.v. 27 Monatsmieten (19.010 EUR).

Nach Beendigung ihres Referendardienstes beantragte die Klägerin (erneut) SGB II-Leistungen beim Beklagten.

Im November 2018 rechnete die "EG L" der Klägerin gegenüber Nebenkosten für das Jahr 2017 ab und forderte 3.482,77 EUR. Da die Klägerin bisher keine Vorauszahlungen auf die Nebenkosten gemacht habe, müsse sie sich künftig das Heizöl selbst beschaffen.

Nach Vorlage der Abrechnung durch die Klägerin im November 2018 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2018 die Leistungsgewährung für die Nebenkostenabrechnung ab. Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen gehörten zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat. Im Monat der Fälligkeit habe die Klägerin jedoch keine laufenden Leistungen nach dem SGB II bezogen.

Hiergegen legte die Klägerin am 07.12.2018 Widerspruch ein. Da sie am 30.10.2018 Leistungen beantragt habe, sei die Ablehnung fehlerhaft.

Im Dezember 2018 bestätigte die Klägerin, dass es keinen schriftlichen Mietvertrag gebe (Schreiben vom 12.12.2016).

Mit Bescheid vom 14.12.2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für den Zeitraum von Oktober 2018 bis März 2019. Er berücksichtige dabei den Regelbedarf, einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung und Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 680 EUR monatlich. Im Dezember 2018 berücksichtigte der Beklagte ferner Kosten für die Beschaffung von Heizöl.

Im Januar 2019 mahnte die "EG L" die fällige Miete seit Oktober 2018 und die Nachzahlung aus Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 an (Schreiben vom 04.01.2019) und sprach Ende Februar 2019 die Kündigung des am 01.08.2016 geschlossenen Mietvertrages zum 30.04.2019 aus (Schreiben vom 28.02.2019).

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2019 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.11.2018 als unbegründet zurück. Nachdem der Klägerin Leistungen bewilligt worden seien, sei die Begründung des Ablehnungsbescheides überholt. Gleichwohl bestehe kein Anspruch auf Übernahme der Nebenkostennachforderungen. Die Klägerin sei keinem ernsthaften Mietzahlungsverlangen ausgesetzt. Sie habe auch auf Nachfrage nicht angeben können oder wollen, wer genau ihre Vermieter seien. Trotz der offensichtlich seit langer Zeit unregelmäßigen Mietzahlungen seien keine rechtlichen Konsequenzen erfolgt.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.04.2019 Klage beim Sozialge...

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