nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 25.06.2002; Aktenzeichen S 14 RJ 35/02) |
Nachgehend
BSG (Aktenzeichen B 13 RJ 2/03 B) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.06.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger Altersrente ohne Abschläge zusteht.
Der am ...1941 geborene Kläger war zuletzt bei der Firma D ...in M ... versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Schreiben vom 09.09.1994 kündigte ihm die Firma unter Bezugnahme auf den Sozialplan vom 07.06.1994 zum 30.09.1996 aus betriebsbedingten Gründen. Er erhielt für die Zeit vom 01.10.1996 bis 29.05.1999 Arbeitslosengeld und war anschließend arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug.
Durch Bescheid vom 10.08.2001 bewilligte ihm die Beklagte auf seinen Antrag vom 02.07.2001 ab 01.10.2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von monatlich netto 1.886,02 DM. Bei der Berechnung der Rente ging sie von dem Zugangsfaktor 1,0 aus, der sich gemäß § 237 Abs. 3 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) für 57 Monate um insgesamt 0,171 auf 0,829 verminderte.
Mit dem am 16.08.2001 eingelegten Widerspruch wandte der Kläger ein, dass der angefochtene Bescheid zwar der Gesetzeslage entsprechen könne. Der hier anwendbare § 237 Abs. 4 SGB VI verstoße aber gegen Artikel 3 und 14 Grundgesetz (GG). Denn die darin getroffene Stichtagsregelung mit Bevorzugung der Bergleute und bestimmter anderer Arbeitnehmer sei nicht nachvollziehbar.
Durch Bescheid vom 22.02.2002 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Altersrente des Klägers sei zu Recht gekürzt worden, weil sie vorzeitig in Anspruch genommen worden sei und die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI nicht eingreife. Nach § 237 Abs. 3 SGB VI in Verbindung mit Anlage 19 zum SGB VI hätte er die Leistung erst ab September 2005 ohne Kürzung beanspruchen können. Da er nach eigenen Angaben nicht aus einem Betrieb der Montanunion ausgeschieden sei, komme § 237 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI für ihn nicht zur Anwendung. Die Beklagte sei an die bestehenden Gesetze gebunden. Es liege aber auch kein Verstoß gegen die Verfassung vor.
Hiergegen hat der Kläger am 04.03.2002 Klage erhoben. Die Stichtagsregelung des § 237 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI sei willkürlich und verstoße gegen Art. 3 und Art. 14 GG. Er habe sein Arbeitsverhältnis bei der Firma D ... im Juli 1994 auf Grund eines Sozialplans beendet, nach dem noch von dem alten Rentenrecht ausgegangen worden sei, das keine Minderung der Leistung bei vorzeitiger Inanspruchnahme vorgesehen habe. Es sei verfassungsrechtlich unzulässig, dass der Gesetzgeber auch für diese unter den Bedingungen einer anderen Gesetzeslage abgeschlossenen Fälle eine rückwirkende Kürzung der Rente eingeführt habe. Im übrigen sei nicht zu rechtfertigen, dass § 237 Abs. 4 SGB VI eine Begünstigung für Bergleute vorsehe, nicht aber für Arbeitnehmer aus dem Chemiebereich. Er habe genau so Anspruch auf Vertrauensschutz wie die im Gesetz aufgeführten Arbeitnehmer.
Demgegenüber hat die Beklagte weiterhin die Ansicht vertreten, dass sie die Rente des Klägers zu Recht um 17.1 v.H. gekürzt habe.
Mit Urteil vom 25.06.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm die Rente ohne Abschläge gezahlt werde. Er habe zwar das 60. Lebensjahr vollendet und sei vor dem 01.01.1952 geboren. Doch habe die Beklagte die für ihn geltende Altersgrenze gemäß § 237 Abs. 3 SGB VI zutreffend um 57 Monate angehoben. Demgegenüber greife die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI nicht zu seinen Gunsten ein, weil er weder vor dem 14.02.1941 geboren, noch aus einem Betrieb der Montanunion ausgeschieden und auch keine 45 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung zurückgelegt habe.
Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße § 237 SGB VI nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Insbesondere sei der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG nicht verletzt, weil die im Gesetz getroffene Differenzierung nach "Natur und Eigenart des in Frage stehenden Sachverhältnisses und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden gesetzlichen Regelung" (vgl. BVerfGE 71, 39, 58) nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt sei. Das gelte vor allem auch für die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI. Denn nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes habe der Gesetzgeber die erhebliche Ausweitung der Frühverrentungspraxis der letzten Jahre durch eine "stufenweise Heraufsetzung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit von 60 auf 63 Jahre in den Jahren 1997 bis 1999 unter Wahrung des Vertrauensschutzes für Versicherte der rentennahen Jahrgänge, die bereits arbeitslos sind oder entsprechende Dispositionen getroffen haben" (BT-Drucksache 13/4336 S. 1/2) beenden wollen. Der für diese Regelung gewählte Stichtag ...